Steuerreform 2015/2016 – Von der Erbschaftssteuer durch die Hintertür und anderem Ungemach für die Immobilienwirtschaft

Am 16. Juni 2015 wurde vom Ministerrat die Regierungsvorlage des Steuerreformgesetzes 2015/2016 beschlossen. Die Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wurde am 7. Juli 2015 im Plenum des Nationalrates samt einem dazu eingebrachten Abänderungsantrag beschlossen. Das Gesetz enthält zahlreiche Änderungen, die die Immobilienwirtschaft betreffen. Insbesondere gibt es Änderungen bei der Grunderwerbsteuer, der Immobilienertragsteuer und der Abschreibung.

Grunderwerbssteuer

Die Novelle des Grunderwerbsteuergesetzes 2014 ist noch in guter Erinnerung. Außerhalb des Familienverbandes wird seitdem als Basis für die Steuerberechnung der Verkehrswert und nicht mehr der dreifache Einheitswert herangezogen. Schenkungen und Erbschaften außerhalb des Familienverbands wurden schon damals deutlich teurer, sind aber freilich überaus selten anzutreffen.

© Martin Koczy

Nun soll ab dem Inkrafttreten der Steuerreform am 01.01.2016 unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis als Basis für die Steuerberechnung der „Grundstückswert“ herangezogen werden, der sich vom in der Regel höheren Verkehrswert ableitet.

Die neue Bemessungsgrundlage – Grundstückswert

Aus den Erläuterungen zum Steuerreformgesetz 2015/2016 ergibt sich, dass dieser Grundstückswert als Ersatz- bzw. Mindestbemessungsgrundlage für die Steuerberechnung bei Vermögensübertragungen herangezogen werden soll, sofern es sich nicht um den Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken handelt; für letztere gelten nach wie vor die im Jahre 2014 neu erhobenen Einheitswerte. Der nach dem 01.01.2016 für Vermögensübertragungen sodann maßgebliche Grundstückswert soll ein vom gemeinen Wert (entspricht dem Verkehrswert) abgeleiteter Wert sein und nur dann zur Anwendung kommen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder die Gegenleistung geringer ist als der Grundstückswert. Diebisher geltenden im Verhältnis zum Grundstückswert „günstigeren“ Einheitswerte, die auf Basis der Bewertung zum Stichtag 01.01.1973 bisher herangezogen wurden, kommen ab dem 01.01.2016 nicht mehr zur Anwendung. Die näheren Details zur Ermittlung des „Grundstückswertes“ sollen in einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler geregelt werden. Beispielsweise soll ein von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteter Wert akzeptiert werden, von dem noch ein Abschlag von pauschal 30 % vorgenommen werden kann. Es kann schon jetzt gesagt werden, dass ein so ermittelter Wert mit dem Verkehrswert einer konkreten Liegenschaft so gut wie nichts zu tun hat. So hätte man gleich beim System der Einheitswerte bleiben können und diese pauschal um eine durchschnittliche Werterhöhung anpassen können. Die Anwendung in der Praxis wird jedenfalls einmal mehr erschwert. In vielen Fällen wird es wohl überhaupt ratsam sein, ein Gutachten einzuholen, da die pauschalen Berechnungen oft zu unrealistisch hohen Werten führen werden. Immerhin diese Möglichkeit soll weiterhin bestehen.

Entlastung durch Stufentarif

Zur Abfederung der Umstellung der Bemessungsgrundlage ist eine Steuerbefreiung für Erwerbe von Todes wegen (Erbschaft, Vermächtnis) durch den überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Partner hinsichtlich des Hauptwohnsitzes, soweit 150 m² Wohnnutzfläche nicht überschritten werden, vorgesehen. Weiters ist für die Besteuerung bei unentgeltlichen Vermögensübertragungen im Immobilienbereich vorgesehen, einen sogenannten Stufentarif zur Anwendung zu bringen. Anstatt wie bisher 2 % (vom 3-fachen Einheitswert) zwischen nahen Angehörigen bei unentgeltlichen Vermögensverschiebungen kommen nun folgende Steuersätze zur Anwendung:

EUR 0 bis EUR 250.000 0,5 %
EUR 250.001 bis EUR 400.000 2,0 %
ab EUR 400.001 3,5 %

Zur Verdeutlichung der höheren Steuerbelastung soll nachstehendes Beispiel dienen:

Die Mutter schenkt ihrem Kind ein Grundstück mit einem Einheitswert von 50.000 Euro und einem Verkehrswert von 500.000 Euro. Bisher würde sich die Grunderwerbsteuer mit EUR 3.000 berechnen (2 % des 3fachen Einheitswertes, also 150.000 Euro). Aufgrund der Neuregelung erhöht sich die Grunderwerbssteuer auf EUR 7.750 (der Betrag ergibt sich aus folgender Berechnung: 0,5 % von EUR 250.000 = EUR 1.250, 2,0 % von EUR 150.000 = EUR 3.000, 3,5 % von EUR 100.000 = Euro 3.500).

Insofern sollen unentgeltliche Erwerbe gegenüber entgeltlichen Erwerben künftig dadurch begünstigt werden, dass für sie ein Stufentarif zur Anwendung kommt. Erwerbe mit Gegenleistungen bis zu 30 % des Grundstückswertes sollen noch zur Gänze als unentgeltlich gelten. Um Übergänge zwischen Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit zu „glätten“ – um also zu verhindern, dass durch 1 Euro mehr an Gegenleistung der Erwerb nicht mit dem Stufentarif sondern zur Gänze mit dem Normalsatz von 3,5 % zu versteuern ist – sollen Erwerbsvorgänge, bei denen die Gegenleistung mehr als 30 % des Grundstückswertes beträgt, in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgespalten werden. Soweit Unentgeltlichkeit vorliegt, soll der Stufentarif anzuwenden sein, soweit Entgeltlichkeit vorliegt, der Normalsatz (3,5 %). Erst bei Gegenleistungen in Höhe von mehr als 70 % soll zur Gänze ein als entgeltlich zu beurteilender Erwerbsvorgang vorliegen. Zudem ergibt sich aus den Erläuterungen, dass im Zweifel, wenn also der Wert der Gegenleistung nicht erhoben werden kann, von einer Gegenleistung in der Höhe von 50 % und damit von der Entgeltlichkeit ausgegangen wird. Dies bedeutet, dass auf eine Hälfte des Grundstückswertes der Stufentarif (einschließlich Zusammenrechnung und Verteilungsmöglichkeit), auf die andere Hälfte der Normaltarif anzuwenden ist.

Form der Entrichtung der Grunderwerbsteuerbelastung

Für die Entrichtung der Steuerschuld soll es Erleichterungen geben. Es wird künftig möglich sein, die Grunderwerbsteuerbelastung bei unentgeltlichen Erwerben (also bei Schenkungen ohne Gegenleistung, Schenkungen mit einer Gegenleistung, die geringer als 30 % des Grundstückswertes ist, sowie bei Erwerb von Todes wegen) auf zwei bis fünf Jahre zu verteilen. Die verteilte Entrichtung der Grunderwerbsteuer setzt einen Antrag voraus und ist daher nur möglich, wenn der Erwerbsvorgang mit einer Abgabenerklärung angezeigt wird, nicht jedoch im Fall einer Selbstberechnung.

Immobilienertragssteuer

Ebenfalls zu einer Erhöhung kommt es bei der erst vor einigen Jahren eingeführten Immobilienertragssteuer. Diese wird von 25 % auf 30 % angehoben. Dadurch kommt es auch bei Altfällen zu einer Steigerung der effektiven Steuerbelastung von 3,5 % auf 4,2 % des Veräußerungserlöses. Zusätzlich soll der Inflationsabschlag (2 % ab dem 11. Jahr, höchstens jedoch 50 % des Gewinnes) entfallen.

Verschlechterungen bei der AfA

Im betrieblichen Bereich soll der bisherige Abschreibungssatz von 3 % auf 2,5 % gesenkt werden, die sofortige Berücksichtigung von Instandsetzungsaufwendungen abgeschafft und eine Verteilung auf 15 Jahre vorgesehen werden. Auch der 2 % ige Satz für Gebäude, die vor 1915 errichtet wurden, soll fallen. Eine weitere unangenehme Neuerung ist im außerbetrieblichen Bereich die Einführung einer gesetzlichen Vermutung über den Grundanteil von 40 % anstelle des in der Praxis bisher von der Finanzverwaltung akzeptierten Anteils von 20 %. Auch hier werden in Zukunft wohl vermehrt Gutachter zum Einsatz kommen, um den immer noch zulässigen Gegenbeweis anzutreten.

Sollen Schenkungen von Liegenschaften vorgezogen werden?

Aus steuerlicher Sicht ist damit zu rechnen, dass Schenkungen von Liegenschaften vor allem in Ballungsräumen deutlich teurer werden. In ländlicheren Gebieten, in denen sich der Verkehrswert nicht so massiv vom Einheitswert entfernt hat, kann ein Zuwarten unter Umständen sogar zu Vergünstigungen führen. Um herauszufinden, ob ein konkreter Schenkungsfall zu einer höheren oder niedrigeren Belastung führen wird, sollte noch rechtzeitig der Verkehrswert ermittelt werden. Dazu sollte eine Einschätzung eines Sachverständigen eingeholt werden.

Mitunter gibt es aber aufgrund vielerlei Umstände Vorbehalte von potentiellen Geschenkgebern, nur aufgrund steuerlicher Überlegungen Schenkungen zu Lebzeiten vorzunehmen, die sonst nicht oder nicht so schnell erfolgen würden. Wenn aber sehr hohe Steuerbelastungen für Schenkungen oder Erbfälle ab nächstem Jahr zu erwarten sind, könnte diesen Personen unter Umständen zu einer Schenkung mit gleichzeitigem Angebot einer Rückübertragung geraten werden. Dazu ist es erforderlich, dass der Geschenknehmer ein mit dem Tod des Geschenkgebers befristetes und unbedingtes Angebot stellt, das Eigentumsrecht wieder an den Geschenkgeber zu übertragen. Das Angebot kann der Geschenkgeber jederzeit annehmen und  hat es somit in der Hand, die heuer noch zu günstigen Konditionen geschenkte Liegenschaft im Bedarfsfall wieder zu erlangen. Zu beachten ist allerdings, dass dann wohl die höhere Grunderwerbsteuer anfällt. Solche Konstruktionen sollten also nur dann gewählt werden, wenn eine Rückübertragung nur in sehr unwahrscheinlichen Fällen erfolgen soll und diese nur einer theoretischen Absicherung des Geschenkgebers dienen soll.

Zusammenfassung

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist eigentlich nicht durch die Hintertür gekommen, sondern nur ein wenig anderes verpackt doch irgendwie wieder da. Erben und Schenken wird jedenfalls in der Regel deutlich teurer. In vielen Fällen wäre daher das Vorziehen von zumindest mittelfristig ohnehin geplanten Übertragungen zu empfehlen. Für den Geschenkgeber gibt es neben den üblichen Fruchtgenussrechten und Veräußerungsverboten auch die Möglichkeit, eine Rückübertragung der Liegenschaft zu vereinbaren, um den Steuervorteil noch in diesem Jahr zu erhalten und dennoch die Kontrolle über seine Liegenschaft nicht zu verlieren.

Rudolf Hauswirth
engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG