Building Information Modeling (BIM) – Konflikte einfacher lösen mit der Planungsmethode BIM?

© Martin Koczy

„Allheilmittel, Kulturveränderung, Planungsprozess im Wandel, Klarheit, Transparenz und interdisziplinäre Zusammenarbeit“ sind nur einige Begrifflichkeiten, die mit der Planungsmethode “Building Information Modeling (BIM)“ verbunden werden – können wir damit zukünftig auch (Bau-)Konflikte schneller lösen?

Wer kennt sie nicht, die Aussagen der an einem Bauvorhaben Beteiligten: „Konflikte am Bau sind an der Tagesordnung“ bzw. „In nur wenigen Rechtsgebieten wird so viel gestritten wie im Bau- und Architektenrecht.“

Wird den Aussagen von Software-Herstellern Glauben geschenkt, sind „Konflikte“ am Bau ein „Auslaufmodell“. Die Lösung ist die softwarebasierte Planungsmethode Building Information Modeling (BIM). Von der Planung über die Ausführung bis zur Bewirtschaftung eines Gebäudes werden alle relevanten Gebäudedaten erfasst und in einem Computermodell (3D-Modell) dargestellt.

„Mit BIM werden potenzielle Konflikte frühzeitig erkannt und beseitigt!“ Dies ist eine klare und eindeutige Aussage der Software-Entwickler, der eigentlich kaum widersprochen werden kann. Fraglich ist, ob im Kommunikationsprozess sowohl Sender als auch Empfänger unter dem Begriff „Konflikte am Bau“ das Gleiche verstehen. Aber nähern wir uns dem Thema step-by-step:

Was verbirgt sich hinter der Abkürzung „BIM“?

Der BIM-Leitfaden für Deutschland definiert die Planungsmethode BIM mit Verweis auf das National Building Information Model Standard Project Committee (NBIMS) (www.nationalbimstandard.org) wie folgt:

„Building Information Modeling (BIM) ist eine Planungsmethode im Bauwesen, die die Erzeugung und die Verwaltung von digitalen virtuellen Darstellungen der physikalischen und funktionalen Eigenschaften eines Bauwerks beinhaltet. Die Bauwerksmodelle stellen dabei eine Informationsdatenbank rund um das Bauwerk dar, um eine verlässliche Quelle für Entscheidungen während des gesamten Lebenszyklus zu bieten; von der ersten Vorplanung bis zum Rückbau.“ (BIM-Leitfaden für Deutschland – Information und Ratgeber, S. 17)

Die Planungsmethode BIM verknüpft Objektdaten aus einer Vielzahl von Fachbereichen (Architektur, Tragwerksplanung, Fachplanung, technische Gebäudeausrüstung, Innenausbau, etc.) in einem digitalen 3D Modell. Mit diesem 3D Modell kann das Bauvorhaben bis zur kleinsten Leitungsführung simuliert werden. Darüber hinaus können Informationen über Materialien, Bestellungen und Betreiberdaten im System für jedes Bauteil und Bauprodukt hinterlegt werden. Dies ermöglicht über die Bauphase hinaus ein effektives Management von Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks hinweg.

BIM wird als ein Weichensteller für einen fundamentalen Kulturwandel im Planen, Bauen und Betreiben angesehen. Es wird als „glückseligmachendes Allheilmittel“ gegen fehlgeschlagene Bauprojekte und unmittelbare Antwort auf steigende Anforderungen an Bauprojekte und bestehende Informationsdefizite gepriesen.

Mit der Entscheidung, zukünftig die BIM-Planungsmethode einzusetzen und eine entsprechende Software zu erwerben, ist aber nur der erste Schritt getan. Die BIM-Methode geht über eine reine Software-Lösung weit hinaus. Es geht um Werkzeuge, Methoden, Prozessabläufe, Organisation, Strukturierung und insbesondere um Kommunikation zwischen den am Projekt Beteiligten.

Diese Gesamtstruktur und Komplexität der virtuellen Planungsmethode ist erkannt und entsprechende Weiterbildungsangebote sind am Markt verfügbar. Für alle am Planungsprozess oder am Bauprojekt Beteiligte besteht das Angebot, sich zum „BIM-Manager oder BIM-(Gesamt-)Koordinator“ fortzubilden.

„BIM“ vs Kommunikation

Bei aller Aufbruchsstimmung im Zusammenhang mit der BIM-Planungsmethode verbleibt weiterhin ein großes Thema im Rahmen der Bauabwicklung, dem in der Diskussion um die Einführung und Weiterentwicklung der BIM-Methode oft nur eine Randnotiz gewidmet wird:

Jede noch so gute Software, Projekt- und Ablaufbeschreibung wird eine Aufgabe nicht übernehmen – die KOMMUNIKATION der am Projekt Beteiligten.

Auf der technischen Seite wird die weitere Softwareentwicklung beim Erkennen und Beheben von „Konflikten“ helfen. Die von den Fachplanern zum Planungsprozess beigesteuerten Daten müssen nun nicht mehr manuell auf „Konflikte“ (z.B. bei der Leitungsführung) überprüft werden. Die EDV-technische Kollisionsprüfung und die bessere Visualisierung im virtuellen Raum wird technisch noch nicht gelöste Schnittstellen frühzeitiger aufzeigen.

Keine Software-Lösung gibt es jedoch für den nicht zu unterschätzenden menschlichen Faktor.

Auf dem Weg zu einer noch engeren Verzahnung der Projektbeteiligten, einem noch schnelleren Austausch von Daten werden zwischenmenschliche Konflikte und Streitigkeiten nicht ausbleiben, ob es um den jeweiligen Auftragsumfang oder um vereinbarte (Planungs)-Termine und Fristen geht. Diese „menschlichen“ und nicht „technischen“ Konflikte müssen frühzeitig erkannt und gelöst werden. Andernfalls wird es gerade bei der Anwendung der BIM-Planungsmethode zu Störungen und (zeitlichen) Behinderungen im Planungs- und Bauprozess kommen.

Folgerichtig berücksichtigen Ausbildungen zum BIM-Koordinator in Österreich gemäß ÖNORM A 6241 die Schnittstelle bzw. das System „Mensch“. Es erfolgt unter Berücksichtigung des „Risikofaktors Mensch“ eine systemische Gesamtbetrachtung der BIM-Planungsmethode. Zukünftige BIM-Koordinatoren sollen im Rahmen der Fortbildungen auf ihre umfangreichen Kommunikations- und Mediationsaufgaben vorbereitet werden.

Unter Beachtung der systemischen Gesamtbetrachtung bleiben die BIM-Manager oder BIM-Koordinatoren jedoch Teil des BIM-Planungsprozesses. Mit anderen Worten sind sie Teil des Systems und werden trotz ihrer kommunikativen Fähigkeiten dann sehr schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn sie nicht mehr als unparteiische Dritte wahrgenommen werden (können). Für diesen Fall bietet sich die Hinzuziehung eines unparteiischen Dritten an, um frühzeitig durch ein strukturiertes Konfliktmanagement der Eskalation von Streitigkeiten gerade im engen Zeitkorridor des Planungsprozesses entgegen zu wirken.

Fazit

Mit der Planungsmethode “Building Information Modeling“ können zukünftig (bau-)technische Konflikte / Kollisionen schneller erkannt und gelöst werden. Nach Aussagen der am BIM-Planungsprozess Beteiligten setzt sich eine erfolgreiche Anwendung der BIM-Planungsmethode aus 20% Technologie und 80% Prozessstruktur zusammen. Mit anderen Worten ist die Frage des erfolgreichen Einsatzes der BIM-Planungsmethode zu 80% vom „Risikofaktor Mensch“ abhängig. Eine reibungslose Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten (Bauherr, Bauunternehmen, Architekten, Statiker, Fachplaner etc.) auf einer Software-Plattform kann nur gelingen, wenn die Kommunikation funktioniert bzw. Störungen frühzeitig erkannt und geklärt werden.

Im Ergebnis erhöht die durch die BIM-Planungsmethode noch engere Vernetzung und Zusammenarbeit der Projektbeteiligten das im Baubereich bereits schon bestehende hohe Risiko von Streitigkeiten und (menschlichen) Konflikten.

Diesen Risiken kann auf zwei Ebenen begegnet werden:

  • Fort- und Weiterbildung der am BIM-Planungsprozess Beteiligten zu den Themen Kommunikation- und Konfliktmanagement
  • Vertragliche Vereinbarung eines strukturierten außergerichtlichen Konfliktmanagements (Mediation, Schlichtung, Adjudikation, Schiedsgutachten) 

Gerade beim verstärkten Einsatz der BIM-Planungsmethode gilt:

Kommunikation und strukturiertes Konfliktmanagement sind Grundbestanteile einer erfolgreichen Projektabwicklung. Die Abkürzung BIM steht daher vermehrt für Building Information „Management“.

Dietmar Ludolph