In mehreren Judikaten der letzten Zeit (VKS Wien VKS-12598/10; VKS-6346/11; BVA N/0022-BVA/11/2011-26) haben die Vergabenachprüfungsbehörden klargestellt, was in der Hektik der Ange-botserstellung leider immer wieder übersehen wird: Eine Bietergemeinschaft (BIEGE) zwischen Zivil-technikern und Baumeistern ist berufsrechtlich unzulässig und deshalb im Vergabeverfahren auszu-scheiden.
Koalitionsverbot – was bedeutet das?
Der gesetzliche Hintergrund für diese Problematik ist das sogenannte Koalitionsverbot des § 21 Abs. 3Ziviltechnikergesetz (ZTG). Die §§ 21 ff ZTG regeln an sich die Gründung von Ziviltechnikergesellschaften. § 21 Abs. 3 ZTG entfaltet aber eine gefährliche Nebenwirkung, indem er zum Ausscheiden von manchen berufsübergreifenden Bietergemeinschaften führt.
Gemeinsam mit § 26 ZTG grenzt er die Ziviltechniker von allen anderen Berufsgruppen ab, die sich an einer Ziviltechnikergesellschaft nicht beteiligen dürfen. Diese dürfen ausschließlich der gemeinsamen und dauernden Ausübung des Ziviltechnikerberufes dienen. § 26 ZTG anerkennt, dass es zwar Gewerbetreibende gibt, deren Tätigkeit jener von Ziviltechnikern über weite Strecken entspricht (insbesondere Baumeister und Ingenieurbüros). Diese berufsfremden Personen sind trotzdem nicht befugt, sich an einer Ziviltechnikergesellschaft zu beteiligen.
Allerdings darf ein Ziviltechniker mit berufsfremden Personen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (zu anderen Zwecken) gründen. Das aber nur dann, wenn wenigstens die Trennung zwischen planenden und ausführenden Berufen erhalten bleibt. Hier betritt der entscheidende Absatz 3 des § 21 ZTG die Bühne. Er bestimmt, dass die Bildung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) mit Gewerbetreibenden nur zulässig ist, wenn diese nicht zu ausführenden Tätigkeiten berechtigt sind.
Bekanntlich gibt es Tätigkeiten, die ausschließlich den Ziviltechnikern vorbehalten sind und zwar wegen deren besonderer Qualifikation. Das sind vereinfacht ausgedrückt die Vermessung (z.B. von Grundstücksgrenzen) und die Ausstellung öffentlicher Urkunden. Andere Tätigkeiten, insbesondere die Planung, können z.B. auch Baumeister oder Ingenieurbüros im Sinne der Gewerbeordnung wahrnehmen.
Dass der Gesetzgeber mit denselben Bestimmungen gleichzeitig die Bildung einer BIEGE für einzelne Vergabeverfahren regeln wollte, ist auf den ersten Blick überraschend. Es entspricht aber der Judikatur des VwGH und maßgeblichen Literaturmeinungen (VwGH 2002/04/0011 mwN). VKS Wien und BVA judizieren deshalb, dass jede Bildung einer GesbR durch Ziviltechniker zusammen mit ausführenden Gewerbetreibenden unzulässig ist, gleichgütig zu welchem Zweck sie gegründet wird. Der UVS Burgenland aber hat Zweifel an der Gemeinschaftsrechtskonformität des § 21 Abs 3 ZTG (diese Frage ist noch ungeklärt).
Welche BIEGE ist erlaubt?
Zur Beruhigung sei aber gesagt, dass nur die Bildung einer BIEGE zwischen einem Ziviltechniker und einem Baumeister oder einem anderen ausführenden Unternehmer (z.B. Heizungs- und Lüftungstechniker) untersagt ist. Mit einem Ingenieurbüro im Sinne der Gewerbeordnung darf eine BIEGE eingegangen werden.
Zulässig sind auch BIEGEn mit allen anderen nicht-ausführenden Berufen. Dazu gehören vor allem die meisten Freiberufler (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater etc.) oder Investmentbanken – wenn diese nicht ihrerseits standesrechtliche Verbote für eine Zusammenarbeit mit Ziviltechnikern oder in der Form einer GesbR kennen (z.B. Wirtschaftstreuhänder). Die meisten Freiberufler kennen auch Beschränkungen der Vergesellschaftung im Zusammenhang mit Gesellschaften zur Ausübung des besonderen Berufes (z.B. Rechtsanwaltsgesellschaft, Steuerberatergesellschaft, Notar-Partnerschaft etc.). Deshalb muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die BIEGE-Bildung und die Auftragsabwicklung in der Form einer ARGE zulässig sind.
Was ist sonst noch zulässig?
Da dem Ziviltechniker nur die Bildung einer GesbR = BIEGE untersagt ist, darf er mit einem Baumeister zusammenarbeiten, wenn einer der beiden als Subunternehmer tätig wird. Auch wenn andere Berufe bestimmte Kooperationsformen nicht eingehen dürfen, müssen sie entweder die Konstruktion des Auftragnehmers mit Subunternehmern oder einer voll rechtsfähigen Projektgesellschaft (z.B. GmbH) wählen.
Tipp für Auftraggeber
Auch Aufraggeber sind gut beraten, die Anforderungen in ihren Ausschreibungsunterlagen genau zu prüfen, damit sie nicht die Bildung von Arbeitsgemeinschaften verlangen, die standesrechtlich unzulässig sind. Sonst bleibt ihnen keine andere Möglichkeit, als das Vergabeverfahren zu widerrufen, weil keines der Angebote standesrechtlich zulässig wäre.
Zum (erfolglosen) Argument, dass Benachteiligungen einzelner Berufsgruppen wie jener der Ziviltechniker hinsichtlich der Teilnahmemöglichkeit an Totalunternehmer-Ausschreibungen durch deren Standesrecht auch zu vergaberechtlicher Unzulässigkeit solcher Ausschreibungen führten, siehe BVA zum Stadion Klagenfurt (BVA 15 N-06/04-29).