Dem Übernehmer steht gegenüber dem Übergeber bei nach der Übernahme auftretenden Mängeln nicht nur ein gewährleistungsrechtlicher, sondern – bei schuldhaftem Verhalten – auch schadenersatzrechtlicher Anspruch zu. In der Praxis ist dies bei Mängeln regelmäßig dann von Bedeutung, wenn der AG den Mangel im Wege der Ersatzvornahme beheben muss oder die Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist. Für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen wegen Mängeln gelten für den Beginn der Verjährungsfrist Besonderheiten.
Im Gesetz ist seit dem GewRÄG aus dem Jahr 2001 ausdrücklich normiert, dass dem Übernehmer bei Mängeln auch Schadenersatz zusteht, sofern der Übergeber den Mangel verschuldet hat (§ 933a ABGB). Es gilt auch für diese Anspruchsgrundlage das Primat der Verbesserung und des Austausches. Geldersatz kann der Übernehmer nur verlangen, wenn Verbesserung oder Austausch unmöglich oder unverhältnismäßig ist, nicht in angemessener Frist erfolgt oder dem Übernehmer aus in der Person des Übergebers liegenden triftigen Gründen nicht zumutbar ist. Auf Mangelfolgeschäden ist § 933a ABGB nicht anwendbar; hier gilt das allgemeine Schadenersatzrecht.
Beginn der Verjährungsfristen
Der Schadenersatzanspruch des Übernehmers wegen Mängeln unterliegt grundsätzlich den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Fristen. Schadenersatzansprüche verjähren in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Eintritt des Schadens und die Person des Ersatzpflichtigen dem Geschädigten soweit bekannt wurden, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg eingebracht werden kann (RS0034524; RS0050338). Die Kenntnis muss dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch den Ursachenzusammenhang zwischen dem Schaden und einem bestimmten dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RS0034951 [T1, T2, T4 bis T7]). Wenn auch der anspruchsbegründende Sachverhalt dem Geschädigten nicht in allen Einzelheiten bekannt sein muss, muss er doch in der Lage sein, das zur Anspruchsbegründung erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (RS0034524 [T24, T25]). Bloße Mutmaßungen genügen nicht (RS0034524 [T18]).
Der OGH judiziert für das Werkvertragsrecht – worunter vor allem Bauverträge fallen – in ständiger Rechtsprechung, dass der Schaden, der darin liegt, dass der Auftraggeber infolge des schuldhaften Verzugs des Auftragnehmers mit der Verbesserung der Werkmängel oder infolge der Verweigerung der Verbesserung das Werk im Wege der Ersatzvornahme selbst verbessern muss, erst entsteht, wenn klar wurde, dass es zur Verbesserung des Werks durch den Auftragnehmer nicht mehr kommen wird (RIS-Justiz RS0022078). Auf ein Anerkenntnis des Mangels oder eine Zusage zur Mangelbehebung durch den Auftragnehmer kommt es nicht an (OGH 5 Ob 16/19t). Die Kenntnis des Mangels ist nur dann maßgeblich, wenn dem Auftragnehmer keine Verbesserungsgelegenheit eingeräumt wurde (RIS-Justiz RS0088996).
Im Werkvertragsrecht beginnt der Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz der Kosten der Verbesserung also regelmäßig erst dann zu verjähren, wenn diesem erkennbar ist, dass eine erfolgte Verbesserung misslungen ist, oder wenn feststeht, dass der Auftragnehmer die Verbesserung endgültig verweigert (RIS-Justiz RS0022078 [T3, T5]; RS0021755 [T10]). Dies ist letztlich eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls. In der Praxis wird es hier wohl vor allem auf den Inhalt der Mangelrüge durch den Auftraggeber und den weiteren Umgang des Auftragnehmers mit derselben ankommen.
Erkundigungsobliegenheit des Übernehmers
Hat ein geschädigter Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Umstände, beginnt die schadenersatzrechtliche Verjährung nicht zu laufen (RIS-Justiz RS0034603), weil die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen ihre Kenntnis nicht ersetzen kann (RIS-Justiz RS0034459). Dem Auftraggeber ist jedoch das Wissen jener Personen (Wissensvertreter) zuzurechnen, die – sowohl als selbständige Dritte als auch Gehilfen – vom Auftraggeber damit betraut wurden, Tatsachen, deren Kenntnis rechtserheblich ist, entgegenzunehmen oder anzuzeigen (RS0065360 [T10, T11]). Das Wissen muss sich auf den übertragenen Aufgabenbereich erstrecken und der Gehilfe tatsächlich mit der betreffenden Angelegenheit befasst sein. Dies trifft im Bauvertrag wohl insbesondere auf die ÖBA, die Projektsteuerung sowie weitere Bauherrnvertreter zu, die mit der Projektabwicklung vom Auftraggeber betraut sind.
Liegt – unter Zurechnung der Wissensvertreter – eine konkrete Verdachtslage vor, darf sich der Auftraggeber in der Erhebung der einen Schadenersatzanspruch begründenden Tatsachen jedoch nicht passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, die erforderlichen Tatsachen irgendwann durch Zufall zu erfahren. Vielmehr hat er angemessene Erkundigungen anzustellen, wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann. Diesfalls gilt die – die Verjährung auslösende – Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen in dem Zeitpunkt als erlangt, in dem sie dem Auftraggeber bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (RIS-Justiz RS0034327; RS0034335).
Ob den Auftraggeber eine Erkundigungsobliegenheit trifft, ist einzelfallabhängig und darf im Allgemeinen nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0034327). Die Obliegenheit ist aber wohl dann zu bejahen, wenn eine besonders eindeutige Verdachtslage oder bereits vorhandene Kenntnisse sowie Kenntnisse des Schädigers vorliegen: Je mehr der Geschädigte weiß, desto eher weiß er, welche Dinge noch unklar sind und wie diese in Erfahrung gebracht werden können. Der Aufwand für die Erhebungen sollte dabei immer in einem sinnvollen Verhältnis zum Ersatzanspruch stehen (Alexander Schopper, Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten und kurze Verjährung nach § 1489 Satz 1 ABGB, ÖBA 2014, S 248; OGH 7 Ob 204/05h; OGH 6 Ob 172/05w; Madl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 1489 Rz 18).
Im Einzelfall kann der Auftraggeber auch zur Einholung eines Privatgutachtens verpflichtet sein, wenn eine Verbesserung des Wissensstands nur so möglich und ihm das Kostenrisiko zumutbar ist (RIS-Justiz RS0034327 [T10]), wobei an einen Fachmann ein strengerer Maßstab anzulegen ist (RIS-Justiz RS0034327 [T41]; RS0034603 [T29]). Etwa hat der OGH die Pflicht zur Einholung eines Gutachtens über die Undichtheit von Decken durch einen Auftraggeber, der kein Laie im Bauwesen war, bejaht, wenn ihm bereits ein kleiner Kreis an in Frage kommenden Schädigern bekannt war (OGH 8 Ob 285/00w). Oder wenn der fachkundige Auftraggeber von einem Mangel (fehlende Abdichtung) und dem davon ausgehenden Risiko (Wasserschäden) wusste und erkennbar lediglich Mangelfolgeschäden (Risse), nicht aber der Mangel selbst behoben wurde (OGH 4 Ob 92/19m). Allerdings muss selbst ein Fachkundiger kein Gutachten einholen, wenn der ebenfalls fachkundige Vertragspartner abstreitet, dass der Fehler in seiner Sphäre liegt (OGH 6 Ob 50/16w; 3 Ob 1603/92).
Fazit
Bei verschuldeten Mängeln stehen dem Auftraggeber nicht nur Gewährleistungs-, sondern auch Schadenersatzansprüche zu. Dies ist in der Praxis insbesondere dann von Relevanz, wenn ein Mangel im Wege der Ersatzvornahme behoben wird oder der Gewährleistungsanspruch bereits verjährt ist. Der Schadenersatzanspruch wegen einem verschuldeten Mangel verjährt grundsätzlich innerhalb der allgemeinen Frist; also binnen drei Jahren ab jenem Zeitpunkt, in dem dem Auftraggeber der anspruchsbegründende Sachverhalt soweit bekannt wird, dass er eine Klage erheben könnte. Er muss konkretes Sachvorbringen erstatten können, nicht aber jedes Detail zur Anspruchsbegründung kennen.
Beim Werkvertrag – wozu insbesondere der Bauvertrag zählt – entsteht dem Auftraggeber der Schaden, der darin besteht, dass der Auftraggeber den Mangel im Wege der Ersatzvornahme beheben muss, erst dann, wenn klar ist, dass die Verbesserung gescheitert ist oder der Auftragnehmer diese endgültig verweigert.
Der Auftraggeber darf sich beim Bekanntwerden der anspruchsbegründenden Tatsachen aber nicht passiv verhalten. Vielmehr ist er verpflichtet, bei konkreten Verdachtsmomenten angemessene Erkundigungen anzustellen, wenn ihm dies ohne nennenswerte Mühe möglich ist, andernfalls er eine Verjährung seiner Ansprüche in Kauf nehmen würde. Die Verjährung beginnt nämlich in jenem Zeitpunkt, in dem der Auftraggeber bei angemessenen Erhebungen Kenntnis vom anspruchsbegründenden Sachverhalt erlangt hätte. Der Umfang dieser Erkundigungsobliegenheit ist einzelfallabhängig zu beurteilen und geht sogar so weit, dass der Auftraggeber Sachverständigengutachten einzuholen hat, wenn er nur so Kenntnis erlangen kann. Für den fachkundigen (und auch fachkundig beratenen) Auftraggeber gilt dabei ein höherer Maßstab.
Die Frage der Verjährung ist bei Schadenansprüchen wegen verschuldeten Mängeln in der Praxis komplex, zumal regelmäßig unklar ist, was Ursache für den Eintritt eines Schadbildes ist oder ob es sich überhaupt um einen Mangel handelt. Um hinsichtlich der Verjährung für alle Parteien mehr Klarheit zu schaffen, empfiehlt es sich wohl, getroffene Feststellung und Maßnahmen ausreichend zu dokumentieren. Gerade bei technisch komplexen Sachverhalten kann für den Auftraggeber die Beiziehung eines Sachverständigen geboten sein.