Böses Erwachen! – Die unangenehmen Folgen von Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer

Grundsätzlich bedürfen Änderungen im und am Wohnungseigentumsobjekt der (vorherigen) Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer der Liegenschaft. Bei Fehlen der Zustimmung auch nur eines Wohnungseigentümers kann der die Änderung vornehmende Wohnungseigentümer von jedem anderen Wohnungseigentümer mittels Eigentumsfreiheitsklage erfolgreich auf Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustandes geklagt werden.

Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt

© Martin Koczy

Nach ständiger Rechtsprechung ist der änderungswillige Wohnungseigentümer verpflichtet, die Zustimmung von sämtlichen Wohnungseigentümern zu geplanten Änderungen einzuholen, wenn auch nur die Möglichkeit der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer besteht (RIS-Justiz RS0083156). Keinesfalls ausreichend ist die Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer oder der Hausverwaltung. Im Sinne dieser Rechtsprechung gibt es daher 2 Arten von Änderungen, die zu unterscheiden sind. Einerseits genehmigungsfreie und anderseits genehmigungspflichtige Änderungen.

Als genehmigungsfreie Änderungen wurden von der Rechtsprechung nur bagatellhafte Änderungen eingestuft, wie die Verfliesung einer Terrasse, die Anbringung eines Geschäftsschildes, die Veränderung einer nicht tragenden Innenwand (darf keine gemeinschaftlich genutzten Versorgungsleitungen enthalten), das Einschlagen von Nägeln und das Anbohren von Wänden, das Hinaushängen von Wäsche oder der Anschluss eines Ofens an einen vorhandenen Kamin. Weitergehende Änderungen werden von der Rechtsprechung bereits als genehmigungspflichtige Änderungen eingestuft. Dazu zählt zum Beispiel schon das Anbringen einer Satellitenantenne, Änderungen an den Fassadenfenstern, das Aufstellen eines Gartenhäuschens oder beispielsweise die Vermietung einer Wohnung als Ferienwohnung für Kurzaufenthalte. Ob eine Änderung als genehmigungsfrei oder als genehmigungspflichtig einzustufen ist hängt immer vom Einzelfall ab. Bei geplanten Änderungen, sollte jeder Wohnungseigentümer jedoch grundsätzlich davon ausgehen, dass die Änderung genehmigungspflichtig ist und somit die Zustimmung von sämtlichen Wohnungseigentümern zur geplanten Änderung eingeholt werden muss.

Wenn die Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zur geplanten Änderung verweigern, kann der änderungswillige Wohnungseigentümer die Zustimmung durch den Außerstreitrichter ersetzen lassen, wenn die geplanten Änderungen die Voraussetzungen gemäß § 16 Abs. 2 WEG 2002 erfüllen. Solche Änderungen bleiben zwar genehmigungspflichtig, sind jedoch gemäß § 16 Abs. 2 WEG 2002 genehmigungsfähig. Genehmigungsfähige Änderungen sind somit ebenfalls rechtswidrig, solange nicht die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer oder eine Entscheidung des Außerstreitrichters, mit der die Zustimmung der Wohnungseigentümer ersetzt wird, vorliegt.

Auf die Voraussetzungen genehmigungsfähiger Änderungen werden wir an dieser Stelle nicht weiter eingehen sondern wir werden uns mit den Konsequenzen der fehlenden Zustimmung zu vorgenommenen jedoch genehmigungspflichtigen Änderungen auseinandersetzen.

Eigentumsfreiheitsklage

Jeder Wohnungseigentümer, der eigenmächtig, also ohne vorherige Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer, Änderungen vornimmt, kann nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung von jedem einzelnen Wohnungseigentümer im streitigen Rechtsweg mittels Eigentumsfreiheitsklage auf Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands (sowie gegebenenfalls auf Unterlassung künftiger Änderungen) verklagt werden (RIS-Justiz RS0083156).

Zur Prüfung der Berechtigung des Unterlassungs- und Wiederherstellungsbegehrens, muss der Streitrichter im Verfahren lediglich prüfen ob die vorgenommene Änderung genehmigungspflichtig war und ob die Zustimmung der Wohnungseigentümer zur vorgenommenen Änderung eingeholt wurde (oder die Zustimmung durch den Außerstreitrichter ersetzte wurde). Die Genehmigungsfähigkeit einer Änderung im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG 2002 ist nicht zu prüfen. Die Genehmigungsfähigkeit einer Änderung kann nur vom Außerstreitrichter in einem eigenen Verfahren geprüft werden. Wenn die Prüfung des Streitrichters ergibt, dass die Änderung genehmigungspflichtig war und die Zustimmung zur Änderung nicht eingeholt wurde, ist dem Wohnungseigentümer, der die Änderung eigenmächtig vorgenommen hat, mit Urteil die Beseitigung der Änderung und die Wiederherstellung des früheren Zustandes auf seine Kosten aufzutragen. Zusätzlich zu den Rückbaukosten hat der änderungswillige Wohnungseigentümer die Kosten seiner Rechtsvertretung zu bezahlen und dem Gegner die Kosten seiner Rechtsvertretung ersetzen. Daraus resultiert eine erhebliche Kostenbelastung des änderungswilligen Wohnungseigentümers.

Auch Im Falle genehmigungsfähiger Änderungen ist in diesem Sinne zu entscheiden, wenn dem Streitrichter nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung über die Eigentumsfreiheitsklage eine rechtskräftige Entscheidung des Außerstreitrichters , mit der die Zustimmung der Wohnungseigentümer ersetzt wurde, vorgelegt wird. Selbst wenn die Änderung vom Außerstreitrichter als genehmigungsfähig eingestuft wird und die Zustimmung der Wohnungseigentümer durch Entscheidung des Außerstreitrichters ersetzt wird, wird eine solche Entscheidung in den meisten Fällen zu spät kommen, wenn der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung durch den Außerstreitrichter erst nach Einbringung der Eigentumsfreiheitsklage gestellt wird. Im schlimmsten Fall wird der Wohnungseigentümer daher im Verfahren über die Eigentumsfreiheitsklage rechtskräftig zur Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands verurteilt und erhält Monate später die Entscheidung des Außerstreitrichters, dass die Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Änderung ersetzt wird. Auch in diesem Fall hat der änderungswillige Wohnungseigentümer sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Eigentumsfreiheitsklage zu tragen!

Sofern sich ein änderungswilliger Wohnungseigentümer in der Situation befindet, dass das Verfahren über die Eigentumsfreiheitsklage und das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung der Wohnungseigentümer parallel laufen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, im Verfahren über die Eigentumsfreiheitsklage einen Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 190 ZPO bis zur Entscheidung im Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung der Wohnungseigentümer zu stellen. Sofern diesem Antrag stattgegeben wird und das Verfahren über die Eigentumsfreiheitsklage unterbrochen wird, ist sichergestellt, dass vor Entscheidung über die Eigentumsfreiheitsklage, die Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung der Wohnungseigentümer abgewartet wird. Sofern der Außerstreitrichter die Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Änderung ersetzt, ist auch die Eigentumsfreiheitsklage gegen den änderungswilligen Wohnungseigentümer abzuweisen. Es besteht für den änderungswilligen Wohnungseigentümer allerdings kein Anspruch auf Unterbrechung des Verfahrens über die Eigentumsfreiheitsklage. Es wird auch die Meinung vertreten, dass § 190 ZPO Mangels Präjudizialität in diesem Fall keine Anwendung findet.

Schlusswort

Sofern ein änderungswilliger Wohnungseigentümer Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt plant, ist im Zweifel anzunehmen, dass es ich bei den Änderungen um genehmigungspflichtige Änderungen handelt. Bei genehmigungspflichtigen Änderungen ist vor Beginn der Arbeiten in jedem Fall vorher die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer einzuholen, sofern sich der änderungswillige Wohnungseigentümer nicht der Gefahr aussetzen will, dass ihm später die Beseitigung der Änderungen und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes auf seine Kosten aufgetragen wird.