Immer öfters schließen Bauträger bei ihren Projekten „Contractingverträge“ ab und überbinden diese an die Käufer. Contracting bezeichnet eine Vielzahl von völlig verschiedenen Verträgen, darunter auch Maßnahmen der Drittfinanzierung. Contractingmaßnahmen sind im Wesentlichen darauf ausgerichtet, dass ein Unternehmer (Contractor) Energiesparmaßnahmen oder die Energieversorgung auf einer Liegenschaft verwirklicht. Diese Verträge sind meist komplex und für die Käufer schwer verständlich. Es stellt sich daher die Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen diese Vereinbarungen zulässig sind.
Anlagencontracting zur Energieversorgung
Beim Anlagencontracting betreibt der Contractor auf eigene Rechnung eine Energieerzeugungsanlage und stellt dem Kunden (dem Bauträger und in der Folge dem Wohnungseigentümer) die Energie zur Verfügung.
Abgerechnet wird die gelieferte Nutzenergie, wobei der Preis sich aus den Energiekosten, den Rückzahlungsraten für die geleisteten Investitionen sowie aus den Kosten für allfällige weitere Serviceleistungen des Contractors, insbesondere im Zusammenhang mit Wartung, Instandhaltung und Betriebsmitteleinkauf zusammensetzt.
Der Contractor übernimmt die Planung, den Bau, die Inbetriebnahme, den technischen Betrieb, den wirtschaftlichen Betrieb und die Finanzierung der Anlage. Der Contractor stellt ein Leistungspaket für die Bedürfnisse des Kunden zusammen, der Kunde bezahlt für den Energiebezug den vertraglich festgelegten Bezugspreis. Damit werden alle Kosten des Contractors für Kapital, Wartung, Energiebeschaffung und Verwaltung abgedeckt.
Die Höhe der Contractingrate wird abhängig von den Kapitalkosten und der Nutzungsdauer objektbezogen berechnet. Der Contractor verfügt über ausreichend technisches Wissen, ist über die Entwicklung neuer Produkte informiert, hat die notwendigen Finanzmittel oder kann sie beschaffen, kennt die Bedürfnisse des Kunden und kann eine rationale Energieversorgung des Kunden bewirken (Unterweger, Contracting-Einführung und Musterverträge 1999, 14f).
Kostenfolgen
Beim Anlagencontracting ist nicht nur die Energie für die Versorgung selbst zu bezahlen, sondern es fallen auch Rückzahlungsraten für geleistete Investitionen an. Diese Refinanzierungskosten sind von den Käufern zu tragen. Darüber hinaus verbleibt meist das Eigentum an der Energieversorgungsanlage für einen bestimmten Zeitraum beim Contractor. Anlagencontracting bedeutet somit für den Käufer oft höhere Kosten, weil nicht nur Wärmebezugskosten, sondern auch Refinanzierungskosten von ihm zu leisten sind.
Unzulässige Überbindung eines Contractingvertrages durch den Bauträger auf die Käufer (OGH v. 23.12.2014, 1Ob220/14f)
Der eine Wohnhausanlage errichtende Bauträger schloss vor Beginn des Verkaufs der Wohnungen mit einem Energieversorgungsunternehmen einen Contractingvertrag ab, wobei die Errichtung der Heizungsanlage durch den Contractor erfolgte. Zu zahlen war ein Arbeitspreis für die tatsächlich in Anspruch genommenen Energiemengen sowie ein wertgesicherter Grundpreis über 15 Jahre. Die Heizungsanlage sollte erst nach Ablauf der Vertragslaufzeit in das Eigentum des Liegenschaftseigentümers übergehen.
Die Kaufverträge mit den Wohnungskäufern sahen fixe Kaufpreise für eine schlüsselfertige Wohnung vor. Der Bauträger, der für das Projekt unter anderem mit Betriebskosten von 2 EUR/m² geworben hatte, hatte von Anfang an nie die Absicht, das im Kaufvertrag als „Wärmelieferungsvertrag“ bezeichnete Contracting den potentiellen Kaufinteressenten in einer für sie durchschaubaren Weise zu vermitteln, weil er sich dadurch einerseits einen Marktvorteil durch niedrigere Preise und andererseits Gewinnoptimierung versprach.
Der Contractingvertrag wurde den Käufern nicht zur Verfügung gestellt. Als diese Vorschreibungen für Betriebskostenakonti erhielten, die weit über den angekündigten 2 EUR/m² lagen, wurden sie auf den Contractingvertrag erstmals aufmerksam und verweigerten in der Folge die Zahlung des monatlichen Grundentgelts. Der Bauträger klagte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Feststellung, dass diese in den Contractingvertrag eingetreten sei.
Nach der Auffassung des Gerichts hätten die Wohnungskäufer aufgrund der Formulierung des Kaufvertrags sowie der Bau- und Ausstattungsbeschreibung nur mit der Übernahme eines Wärmelieferungsvertrags, nicht aber mit einem Eintritt in einen Contractingvertrag rechnen müssen, aus dem sich – neben dem vereinbarten Fixpreis für das Wohnungseigentumsobjekt – eine weitere Zahlungspflicht für die von den Wohnungskäufern ohnehin geschuldete Heizungsanlage ergibt.
Eine allenfalls zustande gekommene Vertragsüberbindung sei rechtsunwirksam im Sinne des § 38 Abs 1 WEG, weil eine unbillige Beschränkung der den Wohnungseigentümern zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte darin bestünde, dass sie verpflichtet wären, innerhalb einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren ausschließlich von der betreffenden Energielieferantin Leistungen abzunehmen, und daran gehindert wären, die erforderliche Nutzenergie von Dritten zu beziehen oder selbst zu erzeugen.
Die unbillige Beschränkung der Wohnungseigentümer liege vor allem auch darin, dass bei einer wirksamen Vertragsübernahme weiters die Verpflichtung bestünde, die Kosten der Herstellung der Heizungsanlage – über den sogenannten Grundpreis – zusätzlich zum vereinbarten Fixpreis für die erworbenen Wohnungseigentumsobjekte zu tragen, obwohl sich die Klägerin zur Herstellung der Gesamtanlage (einschließlich des Heizungssystems) auf eigene Kosten verpflichtet hatte.
Zulässigkeitskriterien
In Bauträgerverträgen mit Anlagencontracting findet sich idR ein allgemein gehaltener Passus, wonach der Bauträger berechtigt ist, einen in der Folge auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übergehenden Wärmelieferungsvertrag laut einem beigeschlossenen Mustervertrag abzuschließen und die Wohnungskäufer verpflichtet werden, bei Wohnungsübergabe einen Einzellieferungsvertrag laut einem ebenfalls beigeschlossenen Muster abzuschließen. Diese Klauseln sind unter mehreren Aspekten auf ihre Zulässigkeit zu prüfen.
- Ungültigkeit nach § 864a ABGB: Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, wenn sie für den anderen Vertragsteil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen nicht zu rechnen brauchte, es sei denn der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.
- Nichtigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB: Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.
- Unwirksamkeit nach § 38 Abs 1 WEG: Vereinbarungen sind rechtsunwirksam, die geeignet sind, dem Wohnungseigentümer die ihm zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken (siehe obig angeführte OGH-Entscheidung).
- Unzulässigkeit nach § 6 Abs 3 KSchG: Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist (fehlende Transparenz).
- Nichtigkeit aufgrund nicht erfolgter, gemäß § 4 Abs 1 Z 6 BTVG gebotener Offenlegung von zu übernehmenden dinglichen oder obligatorischen Lasten.
- Mögliches Nichterreichen eines Baufortschritts im Rahmen der Sicherstellung mit Ratenplan, wenn die geschuldete Leistung der Herstellung der Energieanlage nicht erbracht wird.
Fazit
Bei Anlagencontractingverträgen im Rahmen von Bauträgerverträgen sind etliche Hürden zu überwinden. Unklare Überbindungspflichten an die Wohnungseigentümergemeinschaft und Wohnungskäufer sind mit Nichtigkeit bedroht. Die Vertragsgestaltung hat viele Aspekte zu berücksichtigen. Grundvoraussetzung für die Gültigkeit derartiger Klauseln sind umfassende Transparenz gegenüber den Käufern, klare Leistungsbeschreibungen und Weitergabe der Vorteile aus der Beiziehung eines Contractors an die Nutzer. Contractingverträge zur Reduktion der Herstellkosten für den Bauträger ohne gleichzeitige Berücksichtigung bei den Verkaufspreisen und fehlende Offenlegung darüber, insbesondere auch über die konkreten Kostenfolgen sind problematisch. Unzureichende Vertragsgestaltungen schaden der Idee des Anlagencontracing im Sinne einer kostenoptimierten, Energie sparenden Energiebeschaffung und Anlagenbetreuung durch einen darauf spezialisierten Contractor zur Erzielung von Vorteilen für die Endnutzer.