„Darum prüfe wer sich ewig bindet“ – Risiken von Bietergemeinschaften in Vergabeverfahren

Das Eingehen einer Bietergemeinschaft kann in Vergabeverfahren sinnvoll sein. Die Partner, mit denen man eine solche eingeht, sollte man aber sorgsam auswählen; scheidet nur einer von ihnen aus, sind unter Umständen alle übrigen um ihre Chance auf einen Zuschlag gebracht.

© Martin Kozcy

Das Bundesvergabegesetz (BVergG 2006) sieht für Vergabeverfahren die Möglichkeit der Bildung von Bietergemeinschaften vor. Dabei handelt es sich um Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmer zum Zwecke des Einreichens eines gemeinsamen Angebotes, das Leistungen auf dem Gebiet gleicher oder verschiedener Fachrichtungen beinhalten kann (§ 2 Z 14 BVergG 2006).

Zivilrechtlich stellt die Bietergemeinschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar. Da ihr keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, müssen etwa Angebote, die diese abgibt, von sämtlichen Mitgliedern rechtskonform gefertigt werden. Dabei haften auch alle Mitglieder solidarisch für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten.

Bei Bietergemeinschaften handelt es sich grundsätzlich um nützliche Instrumente, die es gerade in großen Vergabeverfahren im Rahmen von Bauprojekten auch kleineren und mittelgroßen Unternehmen ermöglichen, sich als Bieter an lukrativen großen Auftragsvergaben zu beteiligen. Der Vorteil einer Beteiligung im Rahmen einer Bietergemeinschaft im Gegensatz zu einer Beteiligung als Subunternehmer liegt darin, dass die Mitglieder der Bietergemeinschaft stärkeren Einfluss auf die Gestaltung ihres gemeinsamen Angebotes nehmen können. Die Mitglieder der Bietergemeinschaft sind zudem Partei im Vergabeverfahren und damit auch in allfälligen Nachprüfungsverfahren im Rahmen des Vergaberechtsschutzes.

Dem Grunde nach ist das Institut der Bietergemeinschaft daher – gerade mit Blick auf die kleinstrukturierte österreichische Auftragnehmerlandschaft – zu begrüßen und wird auch in der Praxis häufig (erfolgreich) genutzt.

Den unbestrittenen Vorzügen der Bietergemeinschaft stehen jedoch auch große Risiken gegenüber. Diese ergeben sich beispielsweise aus dem in vielen Vergabeverfahren bestehenden Verhandlungsverbot. Ist nämlich einmal eine Bietergemeinschaft gebildet und hat als solche ein Angebot abgegeben, kann eine nachträgliche Änderung der Zusammensetzung der Bietergemeinschaft dazu führen, dass ihr ursprüngliches Angebot nicht mehr berücksichtigt werden darf. Dies kann selbst dann gelten, wenn die neuen bzw verbleibenden Mitglieder der Bietergemeinschaft grundsätzlich bereit sind, das Angebot in der abgegebenen Form aufrecht zu erhalten und auch (technisch und wirtschaftlich) zur Erfüllung des Auftrages in der Lage wären.

Dazu hat erst jüngst der Vergabekontrollsenat Wien entschieden, dass die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft nach Ablauf der Angebotsfrist nicht mehr geändert werden darf, da dies im Falle eines offenen Verfahrens gegen das dort geltende strenge Verhandlungsverbot verstoßen würde (VKS Wien, 24.7.2013, VKS-489489/13).

Diese vergaberechtliche Judikatur ist mit Blick auf die Vorgaben des BVergG 2006 durchaus konsequent, kann jedoch in der Praxis zu großen Problemen für Bieter führen. Der Änderung der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft ist wie die Praxis zeigt regelmäßig nicht das Resultat einer bewussten Entscheidung ihrer Mitglieder, sondern das Ergebnis eines unerwarteten Ereignisses. Häufig ergibt sich die Änderung dadurch, dass etwa ein Mitglied der Bietergemeinschaft insolvent wird oder auch nur eine Änderung seiner Rechtsform vornimmt. Für diese Fälle ist typisch, dass nur ein Mitglied der Bietergemeinschaft sich ändert oder ausscheidet und die anderen Mitglieder (etwa im Fall der Insolvenz) darauf keinen Einfluss nehmen können, aber sehr wohl die damit verbunden Konsequenzen mittragen müssen. Die tatsächlich handelnden Personen blieben, gerade in Fällen der Änderung der Rechtsform, häufig die selben und wären auch weiterhin bereit, das ursprünglich abgegebene Angebot, wie vereinbart, aufrecht zu erhalten. Auch die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit bliebe in diesem Fall gewahrt. Formal hat sich in einem solchen Fall aber die Zusammensetzung der Bietergemeinschaft geändert und schon dies reicht aus, um ein Angebot nicht mehr berücksichtigen zu können.

Aber nicht nur im offenen Verfahren mit seinem strengen Verhandlungsverbot, sondern auch in mehrstufigen Verhandlungsverfahren lauern Gefahren. Problematisch kann etwa sein, wenn die Bietergemeinschaft bzw Bewerbergemeinschaft, die einen Teilnahmeantrag gestellt hat, von jener abweicht, die ein Angebot legt, da nur eine Bietergemeinschaft deren Mitglieder einen gültigen Teilnahmeantrag gestellt haben zur Angebotsabgabe eingeladen werden kann.

Die Konsequenzen eines solchen Scheiterns im Vergabeverfahren aufgrund einer Änderung der Bietergemeinschaft sind zudem deshalb besonders problematisch, da gerade bei großen Bauprojekten bereits für die bloße Teilnahme am Vergabeverfahren ein erheblicher personeller und wirtschaftlicher Aufwand seitens der Bieter getrieben werden muss (Erstellung von Unterlagen, Kalkulation von Angeboten, Vereinbarungen mit Subunternehmern und Zulieferern, etc), die in der Praxis seitens der Auftraggeber selten (kostendeckend) abgegolten werden. All diese Kosten sind im Falle eines Scheiterns der Bietergemeinschaft frustriert.

In der Praxis sind daher für potentielle Bieter besonders zwei Aspekte zu beachten:

Zum Ersten ist vor Eingehen einer Bietergemeinschaft zu hinterfragen, ob sämtliche Mitglieder tatsächlich für eine solche Teilnahme geeignet sind und, insbesondere wirtschaftlich und technisch, ausreichend zuverlässig sind. Dabei gilt als Grundregel: je mehr Mitglieder einer Bietergemeinschaft angehören, desto größer ist das Risiko von Problemen mit einzelnen Mitgliedern. Anders als für Mitglieder von Bietergemeinschaften sehen viele Vergabeverfahren für Subunternehmer die Möglichkeit eines Austausches (meist unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit) vor. Daher kann die Einbindung eines Unternehmens, sofern Bedenken gegen eine Mitgliedschaft in der Bietergemeinschaft bestehen, vielfach besser als Subunternehmer erfolgen.

Zum Zweiten ist nach Eingehen einer Bietergemeinschaft die Kommunikation unter den Mitgliedern essentiell. Dadurch kann vermieden werden, dass für die Dauer der Beteiligung am Vergabeprozess unabgesprochene Änderungen, etwa an der Rechtsform einzelner Mitglieder, vorgenommen werden. Die Änderung eines Mitgliedes der Bietergemeinschaft – und sei es auch das kleinste Mitglied – kann die Erfolgsaussichten aller übrigen auf einen Zuschlag im Vergabeverfahren zunichte machen. Die Praxis zeigt, dass sich viele Bietergemeinschaften und selbst die konkret betroffenen Mitglieder einer Änderung gar nicht bewusst sind oder diese nicht als solche wahrnehmen. Dies gilt im Speziellen bei Änderungen der Rechtsform.

Auch für Auftraggeber ist im Zusammenhang mit Bietergemeinschaften aber Vorsicht geboten. Sie müssen allfällige Änderungen im Rahmen ihrer Angebotsprüfung entsprechend aufgreifen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass unterlegene Bieter – die von Änderungen innerhalb anderer Bietergemeinschaften aufgrund ihrer Branchenkenntnis häufig rasch Kenntnis erlangen – derartige Mängel im Rahmen von Nachprüfungsverfahren (erfolgreich) aufgreifen.

Michael Breitenfeld