„Abgase von Feuerstätten sind so ins Freie zu führen, dass die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet werden.“ (§ 101 Wiener Bauordnung)
Eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreibt: Ein Baumeister hatte im Zuge von Umbauarbeiten ein JugendstilHaus zu entkernen und Zwischendecken abzubrechen. In einem der Räume fielen extreme Wärme und ein seltsamer Geruch auf. Die Arbeiter trauten ihren Augen nicht: Zum Vorschein kam ein Rauchabzug, der von der Nachbarwohnung quer durch den Raum führte und nur wegen der (nachträglich eingebauten) Zwischendecke nicht sichtbar gewesen war.
Der Baumeister erzählt: „Dass diese Leitungsführung nicht genehmigt und auch nirgendwo verzeichnet war, überraschte dann niemand mehr.“ Die Ausführung war weder dicht noch feuerbeständig. Der zuständige Rauchfangkehrer wurde zur Rede gestellt; seine Antwort: „Das Rohr haben wir eh schon länger gesucht – jetzt haben wir’s endlich gefunden!“ – Besonders ärgerlich: Da der Verursacher der gegen jegliche technischen Regeln hergestellten Rohrleitung nicht ausfindig gemacht werden kann, muss der Hauseigentümer die Kosten für die Herstellung eines normgemäßen und gefahrlosen Zustands tragen. Dem Bauherrn und dem Baumeister fehlen die Worte: „Was können wir da noch tun?“
Thomas Hamerl (Rechtsanwalt): Grundsätzlich wäre dem aktuellen Eigentümer der Verkäufer des Hauses im Rahmen von Gewährleistung (drei Jahre Verjährungsfrist) oder vielleicht Schadenersatz haftbar. Greifen Sie zuerst auf ihn zu.
Für die Zukunft: Bei einem Altbau ist eine Vertragsklausel über die Haftung aus nicht ordnungsgemäßen (Umbau)Arbeiten ratsam. Die ist in der Praxis aber selten und nicht immer durchsetzbar, z. B. weil sich der Verkäufer darauf wegen der vielen Voreigentümer nicht einlassen will.
In der Realität muss solche Schäden oft der Hauseigentümer tragen, weil sich der Verantwortliche nicht mehr ermitteln lässt. Der Verkäufer wird auf den damals ausführenden Professionisten oder auf einen nicht genehmigten Umbau durch den Mieter verweisen. Der aktuelle (der letzte) Mieter wird auf den Vormieter verweisen. Auf diesen oder den ausführenden Professionisten kann man oft nicht mehr zugreifen (Insolvenz usw.).
Dem jeweiligen Hauseigentümer, der die Installation eines Abgasrohrs beauftragt, haftet der Professionist und, wenn ein solcher eingesetzt war, der Planer.
Die Bauordnung schreibt in der Regel die sichere Ausführung von Feuerstätten und Rauchgasführung vor und wie man diese reinigen kann. Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ergibt sichaus zahlreichen ÖNormen (Ausführung von Feuerstätten, Brandfestigkeit von Baumaterialien usw.).
Spätestens bei der ersten Kehrung durch den Rauchfangkehrer müsste für ein solches Phantomrohr Schluss sein. Kann dieser ein Abgasrohr nicht „finden“, müsste die Therme außer Betrieb genommen werden. Tut der Rauchfangkehrer das nicht, haftet er (nicht nur dem Hauseigentümer, sondern auch einem geschädigten Mieter). Allerdings ist der Rauchfangkehrer nicht für die unsachgerechte Installation des Rohrs verantwortlich. Er haftet für solche Schäden, die daraus entstehen, dass das Abgasrohr nicht saniert werden kann, weil er darauf nicht hinweist.
Mieter können die Installation eines ordnungsgemäßen Rauchabzugs und gegebenenfalls Mietzinsminderung verlangen.
Martin Koczy (Zivilingenieur): Aus Sicht des Technikers drohen zahlreiche Gefahren (Brandgefahr, Gefahr der Rauchgasvergiftung etc.), wenn der Rauchfangkehrer das Rohr nicht „findet“.
Das Fehlen der erforderlichen Brandschutzvorkehrungen in einem nicht zugängigen Deckenhohlraum kann die Brandgefahr massiv erhöhen, zumal niemand von diesem Rohr wusste
(z. B. sehr späte Erkennung bei einem Schwellbrand übers Wochenende!).
Abgasfänge sind über ihre gesamte Länge dicht und brandbeständig herzustellen. Der gegenständliche Abgasfang war weder das eine noch das andere.
Jahrelang wurden Gebühren für das Kehren verrechnet, jedoch ist eine umfassende Kehrung praktisch nicht erfolgt. Die laufenden Kehrtermine dienen auch dazu, um etwaige Mängel und/ oder Beschädigungen an den Rauchgasanlagen möglichst früh zu erkennen und Abhilfe schaffen zu können.