Die §§ 364 ff ABGB gewähren Nachbarn einer baulichen Anlage Schutz vor davon ausgehenden Immissionen (Lärm, Schattenwurf, Schmutz etc.) Im Vordergrund steht dabei der Anspruch des Nachbarn auf Unterlassung von Immissionen.
GERICHTSZAHL (ID):
GESETZLICHE GRUNDLAGE:
§§ 364 ff ABGB
Gehen die Immissionen von einer behördlich genehmigten Anlage aus und sind diese Immissionen von der behördlichen Genehmigung erfasst, steht dem Nachbarn grundsätzlich kein Unterlassungsanspruch zu. Vielmehr ist der Nachbar diesfalls auf den Ersatz des durch die Immissionen erlittenen Schadens beschränkt.
Was gilt aber, wenn der Nachbar gar nicht die Möglichkeit erhalten hatte, sich am behördlichen Verfahren betreffend die Genehmigung der baulichen Anlage zu beteiligen und aufgrund der drohenden Immissionen gegen das Bauvorhaben Einwendungen zu erheben?
Der Oberste Gerichtshof hatte sich kürzlich zur Aktenzahl 8Ob95/11w mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Der Nachbar einer Windkraftanlage fühlte sich durch den Lärm, den Schattenwurf und den Flimmereffekt, der von den rotierenden Windrädern ausgegangen ist, beeinträchtigt und hatte den Betreiber der Anlage auf Unterlassung geklagt; dies zu Recht.
Der Nachbar wurde im Zuge des behördlichen Bewilligungsverfahrens für die Errichtung und den Betrieb der Windkraftanlage von der Behörde schlicht übergangen. Ihm wurde dadurch das Recht genommen, Einwendungen gegen die Anlage zu erheben bzw. die Genehmigung der Anlage zu bekämpfen. Der Genehmigungsbescheid wurde dem Nachbarn nicht einmal zugestellt und entfaltet gegenüber dem Nachbarn sohin keine Rechtswirkung.
Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung (z.B. 8Ob128/09w) steht einem Nachbar in einem solchen Fall weiterhin ein Anspruch gemäß § 364 ABGB auf Unterlassung der Immission zu; dies weil die bauliche Anlage, von der die beanstandeten Immissionen ausgehen, im Verhältnis zu diesem Nachbarn eben keine behördlich genehmigte Anlage darstellt, die eine Unterlassungsklage ausschließen würde. Eine behördlich genehmigte Anlage kann nur dort vorliegen, wo die Interessen des betroffenen Nachbarn im Genehmigungsverfahren auch tatsächlich berücksichtigt wurden.