Bei der Anmietung von Geschäftsräumen, besonders im Falle von Handelsimmobilien, sind die Qualität des Standorts und dessen positive Entwicklung von essentieller Bedeutung. Wenn dann nachträglich die Erwartung einer positiven Geschäftsentwicklung enttäuscht wird, drängt sich reflexartig die Frage nach möglichen Auswirkungen auf die Höhe des zu bezahlenden Hauptmietzinses auf.
Vorweg ist zu betonen, dass die Beantwortung der Frage, ob in solchen Fällen Auswirkungen auf die Höhe des Hauptmietzinses (z.B. ein Anspruch des Mieters auf Minderung des Mietzinses) möglich sind, maßgeblich vom Inhalt des Vertrages abhängig ist. In der Praxis wird diese Problematik jedoch nur selten in den Mietverträgen berücksichtigt, weshalb die vertraglichen Bestimmungen in solchen Fällen kaum Hilfestellung bieten.
In manchen Fällen bildet der Standort des gemieteten Geschäftsraums und dessen Entwicklung auch eine Geschäftsgrundlage des jeweiligen Mietvertrages. Eine solche Geschäftsgrundlage kann sich in den – allenfalls sogar ausdrücklich im Vertrag genannten – Beweggründen für den Abschluss des Vertrages, aber auch im sonstigen Vertragsinhalt (z.B. durch Vereinbarung eines umsatzabhängigen Hauptmietzinses) widerspiegeln.
Im Vollanwendungsbereich des Mietrechtgesetzes (MRG) sind im Falle einer Geschäftsraummiete Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses bis zu dem für den Mietgegenstand angemessenen Betrag zulässig (§ 16 MRG). Es wäre daher denkbar, eine Minderung des vereinbarten Mietzinses damit zu begründen, dass der vereinbarte Mietzins die Grenzen des höchstzulässigen Hauptmietzinses gemäß § 16 MRG überschreitet.
Ob der vereinbarte Mietzins angemessen ist oder nicht, ist primär von der Beurteilung der reellen und auf den Einzelfall bezogenen Marktverhältnisse abhängig. Als Orientierung kann dafür der Immobilienpreisspiegel dienen, der nach Maßgabe standardisierter Parameter (Bezirk, Lage und Größe des Mietgegenstandes) und anhand der Vorjahreszahlen statistisch errechnete Durchschnittsmietzinse auch für Geschäftsräumlichkeiten definiert.
Die sich aus dem Immobilienpreisspiegel ergebenden Durchschnittswerte können die Ermittlung des für den jeweiligen Einzelfall angemessenen Mietzinses durch einen Immobiliensachverständigen aber nicht ersetzen. Da es sich bei diesen Werten zudem um statistisch ermittelte Durchschnittswerte handelt, sind im jeweiligen Einzelfall erhebliche Abweichungen nach oben oder unten nicht auszuschließen.
Für die Beurteilung der Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses gemäß § 16 MRG ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages entscheidend. Das heißt, der vereinbarte Hauptmietzins ist an den Umständen im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu messen. Allfällige Änderungen nach Abschluss des Mietvertrages bleiben daher ohne Einfluss auf die Beurteilung der Angemessenheit des Hauptmietzinses.
Gemäß § 16 Abs 1 MRG ist die Angemessenheit des Hauptmietzinses anhand der Größe, Art, Beschaffenheit, Lage sowie anhand des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes des Mietgegenstandes zu bewerten. Andere Umstände, wie z.B. die Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit bleiben bei der Angemessenheitsprüfung gemäß § 16 Abs 1 MRG außer Betracht. Für die Prüfung der Angemessenheit des Hauptmietzinses sind daher allein Eigenschaften der gemieteten Geschäftsräumlichkeiten selbst entscheidend.
Vereinzelt wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass es sich bei der Aufzählung der für die Angemessenheitsbewertung relevanten Kriterien in § 16 Abs 1 MRG um einen taxativen Katalog handelt, der die Anwendung sonstiger Kriterien (z.B. die Kaufkraft des Standortes, das Vorhandensein einer passenden Zielgruppe, die Passantenfrequenz, etc.) für die Angemessenheitsprüfung generell ausschließt.
Die bisherige Rechtsprechung ist jedoch weniger stringent, weil sie die Ermittlung der Angemessenheit des Hauptmietzinses anhand der Vergleichswertmethode zulässt, wodurch etwa die Kaufkraft eines Standortes, das Vorhandensein der passenden Zielgruppe und die Passantenfrequenz in die Beurteilung der Lage des Mietgegenstandes einfließen können, auch wenn diese Umstände keine Bewertungskriterien gemäß § 16 Abs 1 MRG darstellen.
Eine zentrale Hürde für die Geltendmachung einer Überschreitung des höchstzulässigen Hauptmietzinses stellt die in § 16 Abs 1 Z 1 MRG normierte Rügepflicht des Mieters von Geschäftsräumlichkeiten, der Unternehmer ist, dar. Demnach kann sich ein solcher Mieter nur dann auf die Überschreitung des höchstzulässigen Hauptmietzinses berufen, wenn er die Überschreitung unverzüglich, spätestens bei Übergabe des Mietgegenstandes gerügt hat.
In vereinzelten Fällen (z.B. im Falle einer Wertsicherungsvereinbarung oder eines umsatzabhängigen Mietzinses, deren Auswirkungen auf die Höhe des Hauptmietzinses bei Übergabe des Mietgegenstandes noch nicht bekannt sein können) vertritt die Literatur zum Teil jedoch die – von der Judikatur bislang nicht bestätigte – Rechtsansicht, dass eine Rüge auch nachträglich, somit nach der Übergabe des Mietgegenstandes, möglich sein soll.
Unabhängig davon könnte man – sowohl bei als auch außerhalb der Vollanwendung des MRG – einen Anspruch des Mieters auf Minderung des Hauptmietzinses auch aus § 1096 ABGB ableiten, wenn der Mieter aus Gründen, die nicht in seiner Sphäre und Verantwortung liegen, vom jeweiligen Mietgegenstand nicht den bedungenen Gebrauch machen kann, gleichgültig ob aus Verschulden des Vermieters oder durch Zufall.
Jedoch geht die Gewährleistung eines Vermieters von Geschäftsräumlichkeiten nach der Rechtsprechung prinzipiell nicht so weit, dass der Mieter dadurch generell von jeglichem Unternehmerrisiko befreit ist. Vielmehr soll z.B. die unzutreffende Einschätzung des Geschäftsganges durch den Mieter, mit der er schon bei Abschluss des Vertrages rechnen konnte, keinen hinreichenden Grund für eine Mietzinsminderung darstellen.
Zudem können demnach bei Vertragsabschluss nicht einschätzbare Auswirkungen des am freien Markt üblichen Konkurrenzkampfes und die enttäuschte Erwartung einer Geschäftsentwicklung eine Mietzinsminderung gemäß § 1096 ABGB nicht rechtfertigen, weil die Beteiligung an der freien Marktwirtschaft ein spekulatives Element miteinschließt, dessen Folgen auf den Vermieter nicht ohne weiteres überwälzt werden können.
Schließlich könnte eine Anpassung der Höhe des Hauptmietzinses infolge eines Irrtums gemäß §§ 871, 872 ABGB in Betracht kommen. Da die künftige Geschäftsentwicklung eines Standortes in vielen Fällen allein in den Beweggründen oder im Zweck des Mietvertrages Niederschlag findet, ist ein solcher Irrtum meist als unbeachtlicher Motivirrtum zu werten, der eine Anpassung des Mietvertrages nicht zu rechtfertigen vermag.
Will man als Mieter von Geschäftsraum für den Fall einer späteren negativen Geschäftsentwicklung des Standorts – abseits der unsicheren Rechtslage – einen Anspruch auf Minderung des Hauptmietzinses sicherstellen, ist daher eine entsprechende inhaltliche Ausgestaltung des Mietvertrages vorweg (z.B. durch Vereinbarung eines umsatzabhängigen Mietzinses, eines Mietzinsminderungsrechtes, etc.) zu empfehlen.