Fachmeinung – Feuer und Flamme für RechtamBau.at

© Martin Kozcy

Ein Versuch zu verstehen, warum die Welten von Baupraxis und Juristerei so weit auseinanderliegen und wie die Überwindung dieser Schlucht mit RechtamBau.at gelingen soll.

Martin Koczy, seit mehr als 20 Jahren in den Bereichen Architektur und Design tätig, hatte immer schon eine gewisse Affinität zum Baurecht. Im Rahmen der projectm gmbh bietet er seinen Kunden daher sowohl bautechnische Beratung und Unterstützung als auch (in Kooperation mit einem Rechtsanwalt) baurechtliches Knowhow – eine außergewöhnliche Kombination für einen Unternehmer der Baupraxis. Grund genug, Martin Koczy (CoHerausgeber von RechtamBau.at) über seine Beweggründe, an RechtamBau.at mitzuwirken, zu befragen.

Matthias Nödl: Herr Koczy, Sie sind ein Verfechter der ersten Stunde von RechtamBau.at. Als Sie davon erfahren haben, dass Vincenz Leichtfried und ich mit RechtamBau.at eine juristische Fachzeitschrift für die Bau und Immobilienpraxis herausgeben wollen, waren Sie sofort Feuer und Flamme für diese Idee. Was hat Sie daran so gereizt?

Martin Koczy: Die Idee war für mich deshalb so faszinierend, weil die in Österreich bisher erhältlichen juristischen Fachzeitschriften vorrangig Juristen als Zielgruppe hatten. Die Interessen der Bau und Immobilienpraxis wurden dabei völlig vernachlässigt; dies obwohl besonders die planenden und ausführenden Unternehmen des Bausektors sowie deren technisches Personal immensen Bedarf an juristischer Ausbildung im Architekten, Bau, Vergabeund Immobilienrecht haben.

Vincenz Leichtfried: Wie ist das zu verstehen?

Martin Koczy Techniker und Handwerker – egal aus welcher Sparte sie kommen – haben eine fachspezifische technische Ausbildung. Deren Zugang zu rechtlichen Themen ist ein völlig anderer als jener von Juristen. Besonders die Sprache, die Ausdrucksweise und das Verständnis für technische bzw. rechtliche Zusammenhänge trennen die Welten von Technikern und Juristen. Techniker steigen bei komplexen juristischen Aufsätzen daher häufig aus – sie verlieren als „Ungeübte“ schnell denÜberblick und damit auch das Interesse an juristischen Texten.

Matthias Nödl: Können Sie uns dafür ein Beispiel nennen?

Martin Koczy: Natürlich. Techniker bzw. Handwerker setzen in ihren Überlegungen ganz andere Prioritäten als Juristen. Ein Möbeltischler hat z. B. das Ziel, ein perfektes Möbelstück zu bauen. Dabei steht die handwerkliche Umsetzung einer kreativen Idee im Vordergrund. Der Möbeltischler steckt alle Kreativität bzw. alles Wissen und Können in die Herstellung des Möbelstücks. Er überlegt sich, welches Material wohl am besten geeignet wäre, welche Möbelbänder am wenigsten sichtbar, gleichzeitig aber am strapazierfähigsten wären. Und jetzt können Sie sich vorstellen, welche Priorität es für diesen Möbeltischler hat, die komplexen Vertragsbedingungen eines Liefervertrags für das Material des Möbelstücks zu lesen und zu verstehen.

Matthias Nödl: Aber auch für den Möbeltischler ist es wichtig, sich mit rechtlichen Themen seiner beruflichen Praxis zu befassen, schon alleine um etwaige Risiken erkennen zu können.

Martin Koczy: Genau! Kenne ich ein Risiko, kann ich es bewerten und entscheiden, ob ich z. B. ein Lieferangebot für das Möbelmaterial trotzdem annehme oder nicht. Wenn ich aber schon am Erkennen des Risikos scheitere, kann aus einer kreativen Idee ohne Weiteres ein finanzielles Fiasko oder ein Haftungsfall entstehen.

Matthias Nödl;> Welche Informationen sollten daher Ihrer Meinung nach in RechtamBau.at keinesfalls fehlen?

Martin Koczy: Es ist wichtig, der Bau und Immobilienpraxis zum einen die Scheu vor dem Recht und den Juristen zu nehmen und zum anderen ein Verständnis für die „andere Seite“ zu schaffen. Zudem sollten gewisse Fachbegriffe oder Vorgänge leicht verständlich erklärt und allgemeine Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden. Immerhin soll RechtamBau.at den Lesern ein gewisses Grundverständnis für wesentliche Rechtsthemen (z. B. Haftungen, Gewährleistung, vertragliche Rechte und Pflichten usw.) mitgeben.

Vincenz Leichtfried: Wie soll das aus Ihrer Sicht gelingen?

Martin Koczy: Es wird unter anderem ein Fachlexikon geben, das mit jeder Ausgabe vier juristische und vier technische Fachbegriffe leicht verständlich und nachvollziehbar erklärt. RechtamBau.at erhebt generell den Anspruch, dass alle Beiträge leicht verständlich verfasst werden und sich mit den Herausforderungen des täglichen Lebens in der Bau und Immobilienpraxis auseinandersetzen. Die Rubrik „Aus dem täglichen Leben“ ermöglicht es dem Leser, quasi aus den Fehlern anderer zu lernen und einen Bezug zu vergleichbaren Problemstellungen herzustellen; Problemstellungen, mit welchen er allenfalls schon einmal selbst konfrontiert war. Kommentare zu aktueller Judikatur bzw. Neues aus dem Behördendschungel dürfen natürlich ebenfalls nicht fehlen. Und worauf besonders Wert gelegt wird: Sämtliche Beiträge unterliegen vor Abdruck einer strengen Lesekontrolle durch Baupraktiker – wird da etwas unklar formuliert bzw. unverständlich ausgedrückt, heißt es für die Autoren „zurück zum Start“ –, denn, wie gesagt, die Inhalte müssen für juristische Laien aus der Bau und Immobilienpraxis ohne juristische Vorerfahrung leicht verständlich sein, sonst hat RechtamBau.at seine Aufgabe verfehlt.

Vincenz Leichtfried: Eingangs meinten Sie, dass derartige Fachzeitschriften nur für Juristen verfasst sind – heißt das nun, dass sich das neue Format ausschließlich an „Nichtjuristen“ richten soll?

Martin Koczy: Nein, keineswegs. Es soll keine strikte Abgrenzung der Zielgruppen vorgenommen werden. Vielmehr soll RechtamBau.at als Medium die Kommunikation zwischen Jurist und Techniker unterstützen und optimieren. Zentrales Ziel von RechtamBau.at ist es deshalb, eine gemeinsame Sprache zwischen Juristen und Technikern zu finden, die beide Welten verstehen. Bisher war ja die Sprache gerade das, was Juristen und Techniker getrennt hat.

Vincenz Leichtfried: Das heißt also auch für Juristen?

Martin Koczy: Ja, eindeutig! Deshalb unter anderem auch das geteilte Lexikon. Oft fehlt es ja den Juristen am technischen Verständnis. Es schadet sicher nicht, dass der Jurist lernt, sich in die Welt des Bau und Immobilienpraktikers hineinzuversetzen. Immerhin gewinnt dadurch auch die Beratung erheblich an Qualität. Nichts ist unangenehmer, als z. B. in einem Bauprozess vor Gericht zu stehen und über Themen zu reden, die man im Ansat
z nicht versteht; auch weil es dem Juristen durch die Sprachbarriere nicht gelingt, den Techniker darauf hinzulenken, worauf es im Prozess ankommt. Ich meine, dass dieses Medium ausgezeichnet dazu geeignet ist, auch dem Juristen einen eindrucksvollen Einblick in die Welt der Bauwirtschaft zu verschaffen.

Matthias Nödl: Ihre Worte klingen vielversprechend. Insbesondere weil Sie einen nichtjuristischen Background haben. Ich bin davon überzeugt, dass RechtamBau.at ein Erfolg wird! Vielen Dank für das Gespräch!

Vincenz Leichtfried