Kundenschutzvereinbarungen und deren Schranken

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Kundenschutzvereinbarungen zwischen Unternehmern sind, insbesondere auch in der Baubranche, weit verbreitet. Solche Vereinbarungen zielen darauf ab, den Wettbewerb zwischen den involvierten Unternehmern einzuschränken oder gar auszuschließen. Dies ist häufig mit den Grundsätzen des freien Wettbewerbs nicht vereinbar, weshalb Kundenschutzvereinbarungen nur im Rahmen der gesetzlichen und auch von der Rechtsprechung auferlegten Schranken zulässig und rechtlich durchsetzbar sind.

Eine Kundenschutzvereinbarung ist eine besondere Art der Konkurrenzklausel. Mit einer solchen Vereinbarung soll der Wettbewerb zwischen den involvierten Unternehmern eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden; insbesondere soll damit das Abwerben von Kunden des einen Unternehmers durch den anderen Unternehmer verhindert und damit auch die Geschäftsbeziehung zwischen den involvierten Unternehmern gesichert werden.

Im Interesse der Durchsetzbarkeit solcher Kundenschutzvereinbarungen werden darin in der Regel empfindliche Vertragsstrafen für den Fall des Zuwiderhandelns vorgesehen. Oft genügt in der Praxis schon die mit einer solchen Vertragsstrafenregelung einhergehende wirtschaftliche Bedrohung, um den durch die Kundenschutzvereinbarung Verpflichteten zu einem vereinbarungskonformen Verhalten zu motivieren.

Häufig sind solche Kundenschutzvereinbarungen daher auch in der Baubranche anzutreffen, insbesondere wenn ein Bauunternehmer (z.B. Generalunternehmer) die an ihn beauftragten Bauleistungen an (häufig preisgünstigere) Subunternehmer weitergibt und er zugleich die Situation vermeiden will, dass diese Subunternehmer eine direkte Geschäftsbeziehung zu seinem Auftraggeber (z.B. für allfällige Folgeaufträge) aufnehmen.

Üblich sind solche Kundenschutzvereinbarungen aber auch zwischen Gesellschaftern z.B. einer Ziviltechnikergesellschaft, insbesondere für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft. Diesfalls soll insbesondere – meist für eine bestimmte Zeitspanne nach dem Ausscheiden – verhindert werden, dass der ausscheidende Gesellschafter Klienten der Ziviltechnikergesellschaft abwirbt.

Meist handelt es sich bei einer Kundenschutzvereinbarung um eine Nebenvereinbarung zu einem (Haupt-)Vertrag, dessen Ziele und Interessen dadurch gesichert werden sollen. Oft werden Kundenschutzvereinbarungen daher nur für die Dauer des aufrechten (Haupt-)Vertrages abgeschlossen. Solche Vereinbarungen können jedoch auch für die Zeit nach Beendigung des (Haupt-)Vertrages abgeschlossen werden.

Vereinbarungen über den Kundenschutz nach Beendigung des (Haupt-)Vertrages bieten immer wieder Zündstoff für Rechtsstreitigkeiten über deren Wirksamkeit; dies insbesondere deswegen, weil sie den durch das Wettbewerbsverbot verpflichteten Vertragspartner oftmals überlange aus dem Wettbewerb im Geschäftszweig des begünstigten Vertragspartners ausschließen und daher – allenfalls sogar existenzbedrohend – gröblich benachteiligen.

Allgemeine gesetzliche Regelungen zu Kundenschutzvereinbarungen, die für alle zivilrechtlichen Rechtsgeschäfte gelten, gibt es im österreichischen Recht nicht. Vereinzelt finden sich jedoch Bestimmungen in Sondergesetzen. So regelt z.B. § 36 Angestelltengesetz (AngG) den Schutz des Kundenstocks des Dienstgebers. Demnach ist z.B. eine nachvertragliche Kundenschutzvereinbarung nur für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Dienstverhältnisses und beschränkt auf den Geschäftszweig des Dienstgebers zulässig. Zudem darf sie keine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Angestellten bewirken.

Eine Sonderbestimmung findet sich auch in § 35 Handelsvertretergesetz (HVertrG). Demnach ist jede Vereinbarung unwirksam, die einen Handelsvertreter nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit seinem Geschäftsherrn in seiner Erwerbstätigkeit beschränken soll. In diesem Zusammenhang sind nachvertragliche Kundenschutzvereinbarungen somit allgemein unwirksam.

Kundenschutzvereinbarungen können aber auch gegen das Kartellrecht, insbesondere gegen das Kartellverbot gemäß Art 101 AEUV und § 1 Kartellgesetz (KartG) oder gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Art 102 AEUV bzw. gemäß § 5 KartG verstoßen. Zweck dieser Verbote ist insbesondere die Unterbindung von Vereinbarungen oder Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken. So ist nach der kartellrechtlichen Rechtsprechung z.B. ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von mehr als einem Jahr als überschießend und daher unwirksam anzusehen.

Ungeachtet dessen können Kundenschutzvereinbarungen auch gemäß § 879 ABGB als sittenwidrig und rechtsunwirksam beurteilt werden. Insbesondere darf demnach kein auffallendes Missverhältnis zwischen den zu schützenden Interessen des Unternehmers und der durch die Kundenschutzvereinbarung auferlegten Wettbewerbsbeschränkung bestehen. Die Vereinbarung darf nach Art, Zeit und Gegenstand nicht „überschießend“ sein.

Die Rechtsprechung zu Kundenschutzvereinbarungen im Lichte von § 879 ABGB zeigt, dass deren Beurteilung stark vom Einzelfall abhängt. So hat der Oberste Gerichtshof (OGH) ein umfassendes Konkurrenzverbot für einen ehemaligen Gesellschafter eines Unternehmens für die Dauer von fünf Jahren als sittenwidrig erachtet. In diesem Fall hat der OGH die nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung für maximal zwei Jahre für zulässig erachtet. In einem anderen Fall wurde eine örtlich nicht eingeschränkte dreijährige nachvertragliche Kundenschutzklausel eines Franchisenehmers als unwirksam angesehen. Aus der Literatur ist der Grundsatz ableitbar, dass ein örtlich und zeitlich unbegrenztes Verbot der wirtschaftlichen Tätigkeit in einer bestimmten Sparte jedenfalls als sittenwidrig anzusehen ist.

Zu beachten ist jedenfalls, dass eine unwirksame Klausel in einer Kundenschutzvereinbarung nicht die Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung bewirkt. Vielmehr sind problematische Klauseln in Form einer Vertragskorrektur durch rechtskonforme Bestimmungen zu ersetzen. Somit ist z.B. eine überlange nachvertragliche Bindung einer Kundenschutzvereinbarung auf das zulässige Maß der Bindungsdauer zu reduzieren.

Aus rechtlicher Sicht ist es daher empfehlenswert, bei der Ausarbeitung von Kundenschutzvereinbarungen, insbesondere bei der Festlegung der Bindungsdauer sowie des örtlichen, sachlichen und persönlichen Wirkungskreises der damit vereinbarten Wettbewerbsbeschränkung, schon im Vorhinein mit Augenmaß vorzugehen und die wechselseitigen Interessen angemessen abzuwägen, um Unklarheiten über die Durchsetzbarkeit einer solchen Kundenschutzvereinbarung und das Risiko einer allfälligen nachträglichen Vertragskorrektur durch die Rechtsprechung möglichst gering zu halten.

Elisabeth Stocker
Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH