Örtliche Bauaufsicht, Projektsteuerung und begleitende Kontrolle

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Die Ausführung eines Bauvorhabens erfordert nicht nur eine fundierte Planung und Vorbereitung. Vielmehr ist der Erfolg eines Bauvorhabens auch stark von einer ordnungsgemäßen Koordination und stringenten Überwachung der mit der Ausführung des Bauvorhabens beauftragten Unternehmer abhängig.

Bei der Koordination und Überwachung der mit der Ausführung des Bauvorhabens beauftragten Unternehmer handelt es sich um zentrale Aufgaben des Bauherrn in der Ausführungsphase, die jedoch in aller Regel – insbesondere wenn es sich um komplexe Bauvorhaben handelt oder der Bauherr fachlich unkundig ist – ganz oder teilweise an fachkundige Ziviltechniker, Bauingenieure oder sonstige Konsulenten ausgelagert werden. In diesem Rahmen sind häufig Konsulenten an Bauvorhaben beteiligt, die als Örtliche Bauaufsicht, als Projektsteuerung oder als begleitende Kontrolle fungieren und in dieser Funktion – abhängig vom jeweils beauftragten Leistungsbild – mit der Koordination und/oder Überwachung der Ausführungsleistungen betraut sind.

Jedoch sind die Aufgabenbereiche von Örtlicher Bauaufsicht, Projektsteuerung und begleitender Kontrolle nicht gesetzlich definiert. Vielmehr sind deren Aufgabenbereiche in der Praxis vom jeweiligen Konsulentenvertrag und dem darin festgelegten Leistungsgegenstand und Leistungsumfang abhängig. Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten hat in diesem Zusammenhang standardisierte Leistungsbilder entwickelt. Dennoch sind die Grenzen zwischen den Aufgabenbereichen von Örtlicher Bauaufsicht, Projektsteuerung und begleitender Kontrolle oft nicht klar, sondern schwimmend. Nicht selten ist ein – vor allem fachlich unkundiger – Bauherr daher mit Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der einzelnen Konsulenten konfrontiert, was sich auch auf den Erfolg der Ausführungsphase eines Bauvorhabens nachteilig auswirken kann.

Die örtliche Bauaufsicht ist nach gängiger Praxis für die laufende Kontrolle  und Koordination des Bauvorhabens verantwortlich. Auch die Termin- und Kostenverfolgung sowie die Rechnungsprüfung (Prüfung der Richtigkeit und Vertragsgemäßheit der Rechnung) zählen zum typischen Aufgabenbereich der örtlichen Bauaufsicht. Die örtliche Bauaufsicht vertritt den Bauherrn auf der Baustelle und fungiert in dieser Eigenschaft als zentraler Ansprechpartner des Bauherrn für die auf der Baustelle tätigen Unternehmer. Die örtliche Bauaufsicht wirkt in aller Regel bereits an der Einreichung des Bauvorhabens bei der Baubehörde sowie an der Ausschreibung und Vergabe der Ausführungsleistungen sowie den Bauvorbereitungen mit. Die örtliche Bauaufsicht überwacht typischerweise die Einhaltung der technischen und rechtlichen Regeln (z.B. auch des Vertragsterminplans) und hat im Rahmen ihrer Funktion die planmäßige, vertragsgemäße (auch termingerechte), der Baubewilligung entsprechende und mangelfreie Umsetzung des Bauvorhabens durch die ausführenden Auftragnehmer auf der Baustelle zu organisieren und zu koordinieren. Auch ist es meist Aufgabe der örtlichen Bauaufsicht, stichprobenartige Qualitätskontrollen durchzuführen und allenfalls festgestellte Mängel zu dokumentieren. Auch die Dokumentation des Baufortschrittes zählt zu den zentralen Aufgaben der örtlichen Bauaufsicht.

Von der örtlichen Bauaufsicht zu unterscheiden ist das Projektmanagement und -controlling, in der Baupraxis kurz Projektsteuerung genannt (obwohl es sich bei der „Projektsteuerung“ streng genommen nur um einen Teilbereich des Projektmanagements und -controllings – neben den weiteren Teilbereichen Projektleitung und Projektkontrolle – handelt). Ein Konsulent, der als Projektsteuerung fungiert, kann – abhängig von dem an ihn beauftragten Leistungsgegenstand und Leistungsumfang – mit sämtlichen Aufgabenbereichen des Projektmanagements und -controllings oder eben nur mit Teilbereichen davon beauftragt sein.

Die Projektleitung umfasst die sogenannten „nicht delegierbaren“ Bauherrnaufgaben. Hierzu zählen insbesondere die Festlegung der grundsätzlichen Ziele des Bauvorhabens (z.B. Termine, Kostenrahmen, Qualität, etc.), die Beistellung und Verwaltung der sowie die Disposition über die für die Umsetzung des Bauvorhabens erforderlichen finanziellen Mittel, der Abschluss und das Management der für das Bauvorhaben erforderlichen Verträge (einschließlich der Ausübung der Entscheidungs-, Weisungs- und Durchsetzungsbefugnis) sowie die Führungsverantwortung. Diese Aufgaben hat der Bauherr mittels außenwirksamer Vollmacht an die Projektsteuerung zu übertragen, andernfalls sind diese Aufgaben vom Bauherrn selbst wahrzunehmen. Nur wenn die Projektsteuerung über eine entsprechende Vollmacht des Bauherrn verfügt, hat sie auch nicht delegierbare Bauherrnaufgaben auszuführen. Der Bauherr wird in solchen Fällen meist nur mehr bei wichtigen Bauherrnentscheidungen involviert.

Die Projektsteuerung im engeren Sinn umfasst dementgegen die sogenannten „delegierbaren“ Bauherrnaufgaben, für deren Übertragung es keiner außenwirksamen Vollmacht bedarf. Die Projektsteuerung beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf operative und beratende Aufgaben des Konsulenten gegenüber dem Bauherrn (Stabsfunktion). Der Projektsteuerung kommt in diesem Rahmen keine Entscheidungs-, Weisungs- und Durchsetzungsbefugnis gegenüber den Auftragnehmern des Bauherrn zu. Vielmehr hat sich die Projektsteuerung laufend mit dem Bauherrn abzustimmen und dessen Entscheidungen einzuholen. Ähnlich wie im Falle der örtlichen Bauaufsicht zählt auch die Koordination und Kontrolle der mit der Ausführung des Bauvorhabens beauftragten Unternehmer sowie die Dokumentation des Bauablaufs und das diesbezügliche Reporting an den Bauherrn zum Aufgabenbereich der Projektsteuerung. Im Verhältnis zur örtlichen Bauaufsicht fungiert die Projektsteuerung in diesem Rahmen – soweit dies in den jeweiligen Konsulentenverträgen nicht anders definiert ist – jedoch als Schnittstelle zwischen örtlicher Bauaufsicht und dem Bauherrn sowie als zusätzlicher Berater und Controller des Bauherrn. So hat z.B. die örtliche Bauaufsicht den Terminplan für die Ausführungsphase aufzustellen. Die Projektsteuerung hat diesen Terminplan nochmals auf dessen Übereinstimmung mit den Zielen des Bauherrn zu prüfen.

Gerade im Bereich des Projektcontrollings als weiterer Aufgabenbereich der Projektsteuerung kann es daher zu Überschneidungen, Parallelitäten und unklaren Kompetenzverteilungen zwischen der Projektsteuerung und der örtlichen Bauaufsicht kommen. Denn typischerweise umfasst das der Projektsteuerung übertragene Projektcontrolling Kontroll- und Überprüfungsaufgaben in den Bereichen Kosten, Termine, Qualität und Projektrisiko, die üblicherweise auch dem Aufgabenbereich der örtlichen Bauaufsicht zuzuordnen sind.

Neben der örtlichen Bauaufsicht und der Projektsteuerung findet sich zunehmend auch eine begleitende Kontrolle als weiterer Konsulent des Bauherrn. Deren Aufgabenbereich beschränkt sich – entgegen den außenwirksamen Aufgaben der örtlichen Bauaufsicht und der Projektsteuerung gegenüber anderen Auftragnehmern des Bauherrn – jedoch typischerweise auf die interne Beratung des Bauherrn im Zusammenhang mit zu treffenden Bauherrnentscheidungen und die Aufbereitung der Entscheidungsgrundlagen. Üblicherweise überprüft die begleitende Kontrolle – quasi als unabhängige Kontrollinstanz – das Bauvorhaben und die Projektentwicklungsunterlagen, die Planung, die Ausschreibung, die Vergabe, die Ausführung und die Abrechnung im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit, architektonische Gestaltung und funktionelle Angemessenheit.

Es ist daher bei der Ausgestaltung der jeweiligen Konsulentenverträge anzuraten, die Aufgabenbereiche (somit den Leistungsgegenstand und Leistungsumfang) der Projektsteuerung, der örtlichen Bauaufsicht und der begleitenden Kontrolle klar zu definieren, um Überschneidungen, Parallelitäten und unklare Kompetenzverteilungen zwischen den jeweiligen Konsulenten zu vermeiden, es sei denn, dass solche Überschneidungen und Parallelitäten (z.B. zwecks Kontrolle der Koordinations- und Überwachungsaufgaben der örtlichen Bauaufsicht oder zwecks doppelter Kontrolle der ausführenden Unternehmen) seitens des Bauherrn gewollt sind.

Matthias Nödl