Mit dem Stabilitätsgesetz 2012 wurde auch eine Neuerung im Bereich der Umsatzsteuer eingeführt, die jetzt – bei allen Mietverhältnissen ab September 2012 – wirksam wurde. Bei Vermietungen an einen unecht steuerbefreiten Mieter kann die Vermietung nur noch umsatzsteuerfrei erfolgen und ist der Vermieter diesbezüglich auch nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bei jeder Geschäftsraumvermietung ab September 2012 kann daher diese Problematik auftreten. Es ist daher dringend erforderlich, in den Mietverträgen entsprechende Regelungen vorzusehen.
Das 1. Stabilitätsgesetz 2012 bringt für den Bereich Vermietung und Verpachtung vor allem 2 Neuerungen:
Verlust des Vorsteuerabzugs
Der Vermieter verliert für die laufenden Liegenschaftsausgaben die Vorsteuerabzugsmöglichkeit, wenn ein Geschäftsraummieter sein Mietobjekt nicht nahezu ausschließlich für nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossene Umsätze verwendet.
Betroffen davon sind grundsätzlich nur Geschäftsraummietverträge. Gleichgültig ist, ob der Mietvertrag unter das MRG (Voll- oder Teilanwendungsbereich) oder unter das ABGB fällt. Nicht betroffen sind Mietverträge über Wohnungen und Garagen- bzw. Abstellplätze.
Von den Neuregelungen sind Miet- und Pachtverträge erfasst, deren Beginn nach dem 31.8.2012 liegt. Für den Beginn ist die tatsächliche Innutzungnahme entscheidend, nicht hingegen der Vertragsabschlusszeitpunkt. Alle Mietverhältnisse, die vor dem 31.8.2012 begonnen haben, sind daher von der Geltung der neuen Bestimmungen ausgenommen.
Grundsätzlich gelten die neuen Bestimmungen für alle Mietverhältnisse, die nach dem 31.8.2012 begonnen haben, unabhängig davon, in welchem Gebäude das jeweilige Mietobjekt gelegen ist (die neuen Bestimmungen gelten somit auch für Mietobjekte in bereits errichteten Gebäuden). Auch Mietverhältnisse, die nach dem 31.8.2012 begonnen haben, sind jedoch von den neuen Bestimmungen dann nicht betroffen, wenn sie ein Mietobjekt betreffen, das in einem Gebäude liegt, das der vermietende Unternehmer selbst errichtet hat, wenn der Vermieter mit der Errichtung bereits vor dem 1.9.2012 begonnen hat. Hier soll offenbar der Vermieter, der als Bauherr das Bauherrenrisiko selbst getragen hat, begünstigt werden.
Von dieser Ausnahme nicht erfasst sind daher Gebäude, die der vermietende Unternehmer erworben hat. Unter dem Baubeginn versteht das Gesetz den Beginn der „tatsächlichen handwerklichen Baumaßnahmen“.
Verwendet der Geschäftsraummieter das Mietobjekt nicht „nahezu ausschließlich“ für Umsätze, die nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, ist der Vermieter nicht mehr berechtigt, die Vermietungsleistung gegenüber diesem Geschäftsraummieter als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln. Das hat zur Konsequenz, dass der Vermieter für dieses Mietobjekt selbst vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
Eine „nicht nahezu ausschließlich für Umsätze, die nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, erfolgte Verwendung“ liegt nur dann vor, wenn der Geschäftsraummieter mit höchstens 5 % seiner eigenen Umsätze vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
Der Vermieter verliert den Vorsteuerabzug für das betroffene Mietobjekt. Handelt es sich bei den Vorsteuern um Aufwendungen für allgemeine Teile der Liegenschaft, so tritt ein anteiliger Verlust des Vorsteuerabzuges im Verhältnis der Nutzflächen des Mietobjektes zu den Gesamtnutzflächen des Gebäudes ein. Entfallen die Vorsteuern auf das betreffende Mietobjekt allein, tritt ein gänzlicher Verlust des Vorsteuerabzuges ein.
Verlängerung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes
Die zweite Neuerung betrifft die Verlängerung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes für in der Vergangenheit geltend gemachte Vorsteuerabzüge von 10 auf 20 Jahre, die vorzunehmen ist, wenn nun eine Vermietung an Geschäftsraummieter erfolgt, die das Mietobjekt nicht nahezu ausschließlich für nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossene Umsätze verwenden.
Diese Neuerung betrifft nur Grundstücke, die der Vermieter nach dem 31.3.2012 erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt. D.h., die Neuregelung gilt für alle Gebäude, die der Vermieter nach dem 31.3.2012 errichtet oder kauft.
Wird das betreffende Grundstück für Wohnzwecke vermietet, dann gelten die neuen Regelungen überdies nur für Wohnungsmietverträge, bei denen der Vertragsabschluss nach dem 31.3.2012 erfolgt. D.h., hat der Vermieter das Gebäude nach dem 31.3.2012 errichtet oder gekauft, hat er Wohnungsmietverträge für die betreffende Liegenschaft aber bereits vor dem 1.4.2012 abgeschlossen, gelten die neuen Regelungen (Verlängerung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes) für diese Wohnungsmietverträge auch dann nicht, wenn an sich die allgemeine Voraussetzung, dass das Gebäude nach dem 31.3.2012 erstmals im Anlagevermögen verwendet wurde, erfüllt ist.
Wird innerhalb des 20-jährigen Zeitraumes eine zunächst steuerpflichtige (und daher auf Vermieterseite zum Vorsteuerabzug berechtigende) Nutzung der Liegenschaft in eine steuerfreie Vermietung oder einen steuerfreien Verkauf geändert, ist für jedes Jahr der Änderung 1/20 der auf die Liegenschaft entfallenden Vorsteuer zu berichtigen; bei Änderungen, die nur einzelne Mietobjekte betreffen (z.B. steuerfreier Mietvertrag mit Geschäftsraummieter nach dem 31.8.2012) ist der auf das Mietobjekt entfallende Vorsteuerbetrag für die Dauer der Änderung (z.B. Dauer des Mietvertrages, davon 1/20 für jedes Jahr der Mietvertragsdauer) zu berichtigen.
Handlungsbedarf für den Vermieter von Geschäftsräumlichkeiten
Der Vermieter verliert seinen Vorsteuerabzug wie gesagt bereits dann, wenn der Geschäftsraummieter das betreffende Mietobjekt nicht nahezu ausschließlich zur Erbringung von Umsätzen verwendet, die nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind. Erlaubt ist lediglich eine Bagatellgrenze von 5 % des Umsatzes, für den der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Derartige, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossene Umsätze des Geschäftsraummieters können vom Vermieter praktisch nicht verhindert werden. Abgesehen davon, dass selbst im Rahmen der Vereinbarung des mietrechtlichen Verwendungszweckes gewisse Änderungen der Geschäftstätigkeit des Mieters zulässig sind (und allzu enge Einschränkungen der zulässigen Geschäftstätigkeit, im Einzelfall auch schwer durchgesetzt werden können) erscheint es daher notwendig, in den abzuschließenden Mietverträgen eine Regelung vorzusehen, um soweit als möglich einen Ersatz für den Verlust des Vorsteuerabzuges zu erhalten.
Es empfiehlt sich daher, Mietvertragsformulare um eine Vertragsbestimmung zu ergänzen, die eine Mietzinserhöhung im Ausmaß der auf den Nettomietzins (Hauptmietzins + BK) entfallenden Umsatzsteuer vorsieht, sobald der Mieter gegenüber dem Vermieter nicht mehr nachweisen kann, dass er nahezu ausschließlich eine vom Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossene Tätigkeit im Mietobjekt erbringt.
Zu ergänzen wäre diese Vertragsbestimmung durch ein Testat des vom Mieter beauftragten Steuerberaters darüber, dass vom Mieter eine nahezu ausschließlich vom Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossene Tätigkeit im Mietobjekt erbracht wird.