Subsidiäre Liegenschaftseigentümerhaftung bei Kontaminationen

© Martin Kozcy

Grund und Boden können eine Vielzahl an unsichtbaren Risiken in sich bergen. Vor allem Kontaminationen können eine Vielzahl von gravierenden Konsequenzen nach sich ziehen, die zu einer allenfalls über den Wert der Liegenschaft hinausgehenden finanziellen Belastung führen. Neben dem Verursacher von Kontaminationen kann unter bestimmten Voraussetzungen auch der Liegenschaftseigentümer oder dessen Rechtsnachfolger für Schäden an der Umwelt zur Verantwortung gezogen werden.

Die jüngsten Entwicklungen rund um die verseuchten Gründe der ehemaligen Teerfabrik Rütgers in Angern/March führen wieder einmal vor Augen, dass auch am Immobilienmarkt nicht alles Gold ist, was glänzt. Jahrzehnte alte, massive Bodenverunreinigungen, die bislang verborgen geblieben sind und deren Verursacher mangels Existenz nicht mehr greifbar ist, führen dazu, dass die Menschen, die sich an Ort und Stelle ein Häuschen im Grünen schaffen wollten, in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet sind.

Der rechtliche Hintergrund für diese missliche Situation ist im Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) zu finden. Verrottende bewegliche Sachen, Baurestmassen aus abgebrochenen Bauwerken, im Boden versickernde Abfälle oder auch durch Abfälle kontaminiertes Erdreich können so ein massives Haftungsrisiko auf Seiten des Liegenschaftseigentümers verursachen; dies obwohl das AWG ja nur die Haftung für die Abfallbehandlung regelt, der man die oben genannten Fälle auf den ersten Blick ja nicht zuordnen würde.

Haftung nach dem Verursacherprinzip

Grundsätzlich folgen die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des AWG dem Verursacherprinzip. Demnach sind die Kosten zur Vermeidung und zur Beseitigung von Umweltschäden gemäß § 73 AWG zunächst demjenigen zuzurechnen, der diese verursacht hat. Mehrere Verursacher haften dabei solidarisch. Ist der Verpflichtete iSd § 73 AWG für die Behörden nicht greifbar (z.B. weil er nicht mehr existent ist), würde man meinen, dass dann der Rechtsnachfolger des Verursachers zur Haftung herangezogen wird. Doch weit gefehlt.

Eine solche Haftung des Rechtsnachfolgers des Verursachers ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Subsidiäre Haftung

Nach dem AWG haftet subsidiär vielmehr der  Eigentümer der kontaminierten Liegenschaft. Ist der gemäß § 73 Verpflichtete (Verursacher) demnach nicht feststellbar, zur Erfüllung eines Dekontaminationsauftrages rechtlich nicht imstande (z.B. weil er nicht mehr existent ist) oder kann dieser aus sonstigen Gründen nicht mit der Beseitigung von Umweltschäden beauftragt werden, so ist nach § 74 Abs 1 AWG der Auftrag dem Eigentümer der Liegenschaft zu erteilen, auf der sich die Abfälle befinden. Gemäß § 74 Abs 2 AWG ist darüber hinaus die Haftung des Rechtsnachfolgers eines Liegenschaftseigentümers, also des Käufers eines kontaminierten Grundstücks, vorgesehen.

Unterschiedliche Haftungsvoraussetzungen

Für die Haftung des Liegenschaftseigentümers und jene des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers normiert das AWG jeweils unterschiedliche Voraussetzungen.

Eine Haftung des Liegenschaftseigentümers besteht nach § 74 Abs 2 AWG, wenn er der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), wonach eine Duldung nicht bereits immer dann vorliegt, wenn der Liegenschaftseigentümer keine wirksamen Abwehrmaßnahmen gegen eine Lagerung von Abfall ergriffen hat. Der VwGH sieht die Voraussetzungen des Absatz 2 vielmehr als unabhängig nebeneinander bestehende Tatbestandsmerkmale, die kumulativ vorliegen müssen. Das heißt z.B., dass eine subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers nicht besteht, wenn dieser wiederholt den Verursacher ersucht, einen dem AWG entsprechenden Zustand herzustellen, auch wenn er im Anschluss keine weiteren Abwehrmaßnahmen ergreift.

Die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers haften für die Kontamination bereits dann, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten. Haftungsbegründend ist somit also bereits die Kenntnis oder die fahrlässige Unkenntnis der Kontamination. Die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers ist eine originäre, nicht vom Rechtsvorgänger abgeleitete.  Der Rechtsnachfolger haftet also auch dann, wenn beim vorherigen Liegenschaftseigentümer selbst nicht alle für dessen Haftung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt waren.

Folge

Wird man als Liegenschaftseigentümer oder dessen Rechtsnachfolger anstelle des Verursachers einer Kontamination haftungsrechtlich in Anspruch genommen, stehen lediglich zivilrechtliche Schadenersatz- bzw. Gewährleistungsansprüche gegen den Verursacher des Umweltschadens bzw. den Veräußerer der Liegenschaft zu.

Ist der Kauf von Grund und Boden geplant, empfiehlt es sich daher, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um den Kauf einer mit Umweltschäden belasteten Liegenschaft zu vermeiden. Zu empfehlen ist insbesondere die Einsichtnahme in das Grundbuch sowie in den vom Umweltbundesamt geführten Altlastenatlas sowie den Verdachtsflächenkataster. Darüber hinaus sollte man als Liegenschaftserwerber auf die Ausgestaltung des Kaufvertrages achten und Regelungen hinsichtlich Umweltschäden im Kaufvertrag genau prüfen, um so unliebsamen und kostspieligen Haftungsfragen nach dem Kauf entgehen zu können.

Matthias Nödl