Und wieder eine Klauselentscheidung. Diesmal im Visier des OGH: Versorgungsleitungen, Ausmalen und Konventionalstrafe

© Martin Koczy

Seit der ersten sogenannten Klauselentscheidung des OGH aus dem Jahr 2006 (7 Ob 78/06f), bei der eine Reihe von in Standardmietverträgen verwendeter Klauseln für ungültig befunden wurde, vergeht mittlerweile kaum ein Jahr, in dem sich der OGH nicht mit weiteren mietvertraglichen Klauseln auseinanderzusetzen hat.

Diese Vielzahl an Entscheidungen ruft bei vielen Vermietern regelmäßig Kopfzerbrechen hervor, da diese selbst bei Ändern der vermeintlich inkriminierten Mietvertragsklauseln vor weiterem Ungemach oft nicht gefeit sind. In der jüngsten Entscheidung des OGH zu diesem Thema standen sich zwei alte Bekannte gegenüber, die Arbeiterkammer machte erneut die schon 2006 belangte „größte private Hausverwaltung Österreichs“ zum Gegenstand einer Unterlassungsklage nach § 28 KSchG. Diesmal ging es neben den unzureichend umgesetzten Änderungen in den verwendeten Formblättern um die Belastbarkeit von Versorgungsleitungen, die Formulierung von Ausmalverpflichtungen und Konventionalstrafen bei nicht fristgerechter Rückstellung eines Mietobjektes.

Mit der ersten „Klauselentscheidung“ 2006 (7 Ob 78/06f) wurde die beklagte Hausverwaltung unter anderem dazu verurteilt, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften zu unterlassen, 39 in der Entscheidung einzeln aufgezählte oder sinngleiche Klauseln in Vertragsformblättern zu verwenden. Klägerin war damals die Bundesarbeiterkammer.

Wiederholungsgefahr

In den Folgejahren wurde offenbar genau verfolgt, ob und inwieweit sich die belangte Hausverwaltung die Klauselentscheidung des OGH zu Herzen nimmt und deren Vertragsformblätter entsprechend ändert. Nach Ansicht der Arbeiterkammer erfolgte die Umsetzung nicht ausreichend, weshalb die Hausverwaltung aufgefordert wurde, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Diese Unterlassungserklärung wurde allerdings nur mit einigen Einschränkungen abgegeben, was für die Arbeiterkammer nicht ausreichend war und die deshalb wieder den Klageweg beschritt.

Der OGH hat zur Wiederholungsgefahr recht deutlich festgehalten, dass eine Unterlassungserklärung gegenüber einer gemäß § 29 KSchG ermächtigten Einrichtung nur dann die Wiederholungsgefahr beseitigt, wenn diese unbedingt und uneingeschränkt erfolgt. Der Versuch der beklagten Hausverwaltung, den Spagat zwischen Abgabe der gewünschten Unterlassungserklärung zur Vermeidung weiterer Klagen und der Aufrechterhaltung einzelner Klauseln zu schaffen, musste daher fehlschlagen.

Sinngleichheit einzelner Klauseln – Rechtschutzbedürfnis der Klägerin

Eine weitere Frage im Zusammenhang mit den im ersten Prozess beanstandeten Klauseln und der weiteren Verwendung in Mietverträgen der Beklagten war jene der Exekutierbarkeit der ersten Entscheidung im Lichte der nun verwendeten Klauseln. Die beklagte Hausverwaltung hat nämlich zwar so gut wie alle Klauseln inhaltlich verändert, ob aber auch der Sinngehalt ein anderer war, hat sich teilweise nicht ohne weiteres erkennen lassen.

Der OGH hat nun ausführlich jede einzelne der nunmehr in Verwendung stehenden Klausel mit den ursprünglichen Klauseln im Hinblick auf deren Sinngleichheit verglichen. Das Ergebnis fiel im Detail unterschiedlich aus, für die Praxis bedeutet diese Vorgehensweise jedoch, dass zunächst der Sinn und Zweck einer beanstandeten Klausel zu untersuchen ist. Zu untersuchen ist insbesondere, ob man nicht der Versuchung verfallen ist, den gleichen verpönten Inhalt kunstvoll in andere Worte zu packen.

Das heißt aber natürlich auch, dass sinngleich geänderte Klauseln einer Exekutierbarkeit nicht im Wege stehen. Ob nun das eine (neuerliche Klage) oder das andere (Exekution) das geringere Übel darstellt, mag aber natürlich eine wirtschaftliche Frage sein.

Im Zuge der Überprüfung der von der Hausverwaltung nunmehr verwendeten Mietvertragsklauseln hat sich der OGH insbesondere mit folgenden Klauseln näher befasst und dabei für die Praxis bedeutende Entscheidungen getroffen.

Überlastung von Versorgungsleitungen

In vielen Mietverträgen findet sich standardmäßig die Bestimmung

„Die vorhandenen Versorgungsleitungen dürfen nur in einem solchen Umfang in Anspruch genommen werden, dass keine Überlastung eintritt“

Damit will man offenbar verhindern, dass der Vermieter die elektrische Anlage des Hauses kostspielig zu verstärken hat, wenn seine Mieter zu viele oder zu starke Verbraucher installieren.

Dazu sagt der OGH, dass bei der Interpretation die kundenfeindlichste Auslegung maßgeblich ist und demnach der Mieter den Eindruck gewinnen könnte, er müsse sich mit den jeweils vorhandenen Elektroinstallationen abfinden, auch wenn diese nicht den aktuellen Standards entsprechen.

Im Vollanwendungsbereich des MRG hat jedoch der Vermieter gemäß § 3 Abs 2 Z 1 MRG alle in allgemeinen Teilen des Hauses verlaufenden Strom-, Gas- und Wasserleitungen im Sinne des „dynamischen Erhaltungsbegriffs“ zu erhalten. Dazu gehört nach einer Entscheidung aus dem Jahr 2010 (5 Ob 210/11w) jedenfalls auch die Erneuerung der Steigleitung bei unzureichender elektrischer Anschlussleistung. Dabei sollte klar sein, dass dem heutigen Standard nicht nur ein hell erleuchtetes Mietobjekt entspricht, sondern dieses wohl mit allen elektrischen Geräten ausgestattet werden kann, für die ein durchschnittlicher Haushalt Verwendung findet. Dazu gehört sicherlich auch ein E-Herd.

Auch im Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG ist aufgrund § 1096 Abs 1 ABGB, wonach der Vermieter verpflichtet ist, den Bestandgegenstand in brauchbarem Zustand zu erhalten, worunter im Zweifel eine durchschnittliche Brauchbarkeit zu verstehen ist, dasselbe Ergebnis zu erwarten. Bekanntlich kann eine Verletzung dieser Verpflichtung zu Mietzinsminderungsansprüchen des Mieters führen, auf die im Voraus nicht gültig verzichtet werden kann. Diese Klausel verstößt daher gegen die zwingende (Gewährleistungs-)Bestimmung des § 1096 Abs 1 ABGB, weshalb sie im Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG, bei Verbrauchergeschäften nach § 1 KSchG und bei Geschäften zwischen Verbrauchern unzulässig ist.

Es ist daher ratsam, diese Klausel derartig zu modifizieren, dass eine Nutzung der Versorgungsleitungen in zeitgemäßem Umfang gestattet ist und nur unverhältnismäßige  und vollkommen ortsunübliche Installationen nicht geduldet werden müssen.

Und wieder einmal: Ausmalverpflichtung

Folgende – mE ohnehin schon recht zahme – Klausel fand sich in gegenständlichem Mietvertrag:

Das Mietobjekt ist bei Beendigung ordnungsgemäß in weißer Farbe ausgemalt sowie unter Herstellung des Zustandes der Oberflächenbeläge … wie bei Anmietung unter Berücksichtigung der bei schonendem vertragskonformen Gebrauch sich ergebenen Abnutzung zurückzustellen …

Diese Klausel enthält zwei zu differenzierende Tatbestände, nämlich einerseits das Ausmalen und andererseits die Sanierung von Oberflächenbelägen jeweils bei Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Es stellt sich dabei zunächst die Frage, ob die Vereinbarung einer Endrenovierung einen verpönten Gewährleistungsausschluss zum Nachteil des Mieters bewirkt. Für den Vollanwendungsbereich ist klar, dass aufgrund des taxativen Erhaltungskatalogs des § 3 Abs 2 MRG eine Verpflichtung des Vermieters zu Instandhaltung von Oberflächenbelägen nicht bestehen kann. Aber auch im Teil- und Nichtanwendungsbereich liegt keine dem Vermieter gemäß § 1096 Abs 1 ABGB obliegende Verpflichtung vor, die in verpönter Weise auf den Mieter überwälzt werden könnte. Grundsätzlich steht daher die Bestimmung des § 1096 ABGB einer Übertagung von Endrenovierungspflichten nicht entgegen.

Allerdings hat der OGH diese Klausel im Lichte des § 879 Abs 3 ABGB für gröblich benachteiligend befunden, da diese Klausel – wieder bei kundenfeindlichster Auslegung – so verstanden werden könnte, dass der Mieter am Ende der Mietzeit jedenfalls, also auch ungeachtet des Zeitpunkts früherer Renovierungsarbeiten, ausmalen muss und zwar auch dann, wenn er das Mietobjekt am Beginn des Mietverhältnisses gar nicht in weiß ausgemaltem Zustand übernommen hat, was dazu führen würde, dass
der Mieter auch fremde Gebrauchsspuren zu beseitigen hätte.

Hingegen hat der OGH im Falle der Oberflächenbeläge eine gröbliche Benachteiligung verneint, da unwesentliche Veränderungen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehören und der gewöhnlichen Abnutzung iSd § 1109 ABGB gleichzuhalten sind, für die der Mieter nach § 1111 ABGB ohnehin nicht haftet. Die Klausel – so der OGH – könne selbst bei kundenfeindlichster Auslegung nur so verstanden werden, dass nur eine  vom gewöhnlichen Gebrauch unabhängige Verschlechterung des bei Anmietung vorhandenen Zustandes beseitigt werden soll.

Konventionalstrafe bei verspäteter Rückstellung

Steht der Endigungstermin eines Mietvertrags (eines vielleicht schlechten Mieters) vor der Tür, ist es für den Vermieter besonders ärgerlich, wenn es dieser auf ein langwieriges und kostspieliges Räumungsverfahren ankommen lässt. Für diesen Fall soll folgende Klausel für zumindest ein wenig Entschädigung sorgen:

… vereinbaren die Vertragsteile eine Konventionalstrafe in der Höhe der drei dann aktuellen Bruttomonatsmieten, falls das Bestandobjekt vom Mieter nicht zum vereinbarten … Räumungstermin übergeben wird.

Der OGH hat hier ein Einsehen mit den Nöten der Vermieter und verwirft alle Bedenken, die diese Bestimmung grundsätzlich aufwerfen könnte. Bei Abwägung aller Umstände verstößt diese Klausel nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB und ist somit nicht gröblich benachteiligend. Die Klausel ist auch nicht intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Zusammenfassung

Besonderes Augenmerk ist auf die richtige „Umformulierung“ beanstandeter Klauseln zu legen, um nicht erneut ins Visier der Konsumentenschützer zu geraten.

Bei den immer noch verwendeten Klauseln ist bei der Formulierung der Endrenovierungsverpflichtungen aufzupassen, die sich nach wie vor in vielen Mietverträgen findet. Nach vorangegangenen Entscheidungen hat es sich zwar bei den meisten Vermietern (und zu deren Leidwesen wohl auch bei den meisten Mietern) schon herumgesprochen, dass bedingungslose Ausmalverpflichtungen in Mietvertragsformularen zu oft wirkungslosen Floskeln verkommen sind. Die nun vorliegende Entscheidung engt den Bewegungsradius aber noch weiter ein, sodass im Ergebnis der Mieter nur noch in Ausnahmefällen selbst zum Pinsel zu greifen hat.

Rudolf Hauswirth
engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG