Verursacht ein fehlerhaftes Produkt, das im Rahmen eines Bauvorhabens verbaut worden ist, in der Sphäre eines gewerblichen Auftraggebers (z.B. Bauträger, General- oder Totalunternehmer) einen Schaden, kann dies zur Folge haben, dass dem geschädigten Auftraggeber niemand für diesen Schaden einzustehen hat.
Bauleistungen umfassen bekanntermaßen nicht nur die für die Herstellung eines Gewerks erforderlichen Arbeits- bzw. Werkleistungen, sondern auch die Lieferung der dafür erforderlichen Produkte (insbesondere Materialien), die im Rahmen des Bauvorhabens verbaut werden. Die gelieferten und verbauten Produkte können fehlerhaft sein, was dem Bauunternehmer bei Ausführung seiner Bauleistungen nicht zwangsläufig auffallen muss.
Ein verbautes Produkt, das fehlerhaft ist, kann einen Schaden zum Nachteil des Auftraggebers der Bauleistungen verursachen. Dafür haftet nach dem Produkthaftungsgesetz (PHG) verschuldensunabhängig der Hersteller oder – bei eingeführten Produkten – der Importeur des schadenskausalen Produktes oder – wenn der Hersteller oder der Importeur nicht festgestellt werden kann – jeder Unternehmer, der das Produkt in Verkehr gebracht hat.
Von einer solchen Haftung nach dem PHG ausgenommen sind jedoch Schäden, die das fehlerhafte Produkt an Sachen verursacht, die ein Unternehmer überwiegend in seinem Unternehmen verwendet hat. Ein gewerblicher Auftraggeber von Bauleistungen kann daher mit dem Problem konfrontiert werden, dass ihm in einem Schadensfall, den ein fehlerhaftes Produkt verursacht hat, keine Produkthaftung zu Gute kommt.
Zu denken ist hier z.B. an den Fall, dass ein Installateur im Auftrag eines Bauträgers von Lieferanten des Installateurs bezogene Rohrleitungen verlegt, die aufgrund eines – für den Installateur nicht erkennbaren – Produktfehlers undicht sind und bei Inbetriebnahme der Leitungen einen Wasserschaden an der Bausubstanz verursachen. Ausgehend von diesem Fallbeispiel ergibt sich für den Bauträger folgende ungünstige Situation:
Eine verschuldensunabhängige Produkthaftung des Herstellers oder Importeurs der verbauten Rohrleitungen oder eines sonstigen Unternehmers, der die Rohrleitungen in Verkehr gebracht hat, nach dem PHG gegenüber dem Bauträger scheidet aus, weil der Schaden am Bauwerk des Bauträgers, sohin an einer Sache, die der Bauträger in seinem Unternehmen „verwendet“, entstanden ist. Sohin verbleibt nur eine allfällige verschuldensabhängige Haftung.
Liegt kein Verschulden des Installateurs vor (z.B. weil der Produktfehler für den Installateur nicht erkennbar war) und hat dieser gegenüber dem Bauträger auch keine verschuldensunabhängige Produkt- oder Garantiehaftung übernommen, ist der Bauträger auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Installateur beschränkt, der in diesem Rahmen lediglich die undichte Rohrleitung zu reparieren oder auszutauschen hat.
Nun könnte man meinen, dass ein allfälliges Verschulden des Herstellers und/oder Lieferanten der Rohrleitungen im Sinne einer Gehilfenhaftung gemäß § 1313a ABGB dem Installateur zuzurechnen ist, sodass über diesen Umweg (z.B. infolge eines vom Hersteller verschuldeten Produktionsfehlers) eine Verschuldenshaftung des Installateurs in Betracht kommen könnte. Diese Meinung wird von der Rechtsprechung jedoch nicht zwingend geteilt.
Vielmehr gilt demnach der Hersteller oder Lieferant eines Produktes an und für sich – von Sonderkonstellationen und Ausnahmefällen abgesehen – nicht als Erfüllungsgehilfe, insbesondere auch weil ein Werkunternehmer, der verschiedene von dritter Seite bezogene Produkte zu einem Werk verarbeitet, nach herrschender Ansicht grundsätzlich nicht zur Erzeugung der für die Herstellung des Werks verwendeten Produkte verpflichtet sein soll.
Mit Rücksicht auf unser Fallbeispiel bedeutet dies, dass der Installateur grundsätzlich nur für die Auswahl eines geeigneten Herstellers oder Lieferanten der Rohre, deren einwandfreie Lagerung, die Aufklärung über davon möglicherweise ausgehende Gefahren, allenfalls die ordnungsgemäß Verpackung und die ordnungsgemäße Verarbeitung im Rahmen der Erfüllung der ihn selbst treffenden Leistungspflichten (Verlegung von Rohrleitungen) haftet.
Diese Rechtsprechung ist natürlich diskussionswürdig, insbesondere weil sie im Ergebnis unseres Fallbeispiels dazu führen kann, dass der Bauträger den Installateur für den entstandenen Schaden nicht in die Haftung nehmen kann, obwohl der Installateur den Schaden durch einen Mangel am Produkt, für den er nach dem Gewährleistungsrecht einzustehen hat, verursacht hat.
In der Praxis entschärft die auf vertragliche Haftungen anzuwendende Beweislastumkehr gemäß § 1298 ABGB die Situation für den geschädigten Bauträger ein wenig, weil demzufolge der Installateur dem Bauträger zu beweisen hat, dass ihn kein Verschulden am Schadensfall trifft. Eine solche Beweisführung ist oft nicht leicht und erfordert meist kostenintensive Sachverständigengutachten; sie ist aber nicht unmöglich und wird im Interesse der Abwehr von potentiellen Haftungen in der Praxis sogar immer mehr forciert.
Denkbar wäre, noch eine Produkthaftung des Herstellers der Rohrleitungen außerhalb des PHG zu argumentieren. Schon vor Inkrafttreten des PHG wurde in der Rechtsprechung (z.B. im Porit-Kombiplattenfall) die Meinung vertreten, dass der Vertrag zwischen dem Hersteller eines Produktes und dem ersten Händler Schutzwirkungen zugunsten jener Personen entfaltet, die durch eine Kette von Verträgen berechtigte Benützer des Produktes werden.
Daraus könnte der letzte Abnehmer (in unserem Fall der Bauträger) sohin – außerhalb des Anwendungsbereiches des PHG – vertragliche Schadenersatzansprüche direkt gegenüber dem Hersteller des Produktes ableiten, wenn den Hersteller und/oder dessen Erfüllungsgehilfen ein Verschulden trifft. Auch hier wäre die Beweislastumkehr gemäß § 1298 ABGB anzuwenden, sodass der Hersteller beweisen müsste, dass ihn kein Verschulden trifft.
Doch auch die Inanspruchnahme des Herstellers des fehlerhaften Produktes kann sich in der Praxis als schwierig bis unmöglich erweisen, insbesondere wenn dieser über keine Niederlassung in der Europäischen Union verfügt. Um sohin zu vermeiden, dass man als gewerblicher Auftraggeber einen Produkthaftungsschaden allenfalls selbst zu tragen hat, ist zu empfehlen, für dieses Risiko im Rahmen des Vertrages mit dem Werkunternehmer (z.B. durch eine Garantiehaftung) oder durch eine geeignete Bauwesenversicherung vorzusorgen.