Fehler in Rechnungen sind gerade in der Baubranche keine Seltenheit, können aber den zur Zahlung verpflichteten Bauherrn mitunter (hundert-)tausende Euro mehr kosten. Um solchen Rechnungsfehlern samt deren Folgen für den Bauherrn bereits im Vorfeld entgegenzuwirken, obliegt der örtlichen Bauaufsicht unter anderem die Prüfung der von den ausführenden Unternehmen gelegten Rechnungen. Doch welchen Umfang hat die Rechnungsprüfung der örtlichen Bauaufsicht?
Bei einem Bauvorhaben treffen idR eine Vielzahl von Gewerken mit dem Ziel aufeinander, ein komplexes Projekt möglichst effizient und in kürzest möglicher Zeit abzuwickeln und schlussendlich Rechnung über die erbrachten Leistungen zu legen. Der örtlichen Bauaufsicht (ÖBA) kommt dabei ganz grundsätzlich die Rolle einer zentralen Schnittstelle zwischen dem Bauherrn und den einzelnen bauausführenden Unternehmen zu. Sie verfolgt die Interessen des Bauherrn und koordiniert, kontrolliert und steuert die Bauausführung vor Ort.
Im Detail umfassen die Aufgaben der ÖBA – sowohl nach der von der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten veröffentlichten HIA 2010 („Honorar Information Architektur“) als auch nach dem von der Bundesinnung Bau herausgegebenen „Leitfaden zur Kostenschätzung von Planungs- und Projektmanagementleistungen“ – insbesondere die Bauüberwachung und Koordination, die Termin- und Leistungsverfolgung, die Qualitätskontrolle, die Aufmaßprüfung, die Rechnungsprüfung, die Bearbeitung von Mehr- und Minderkostenforderungen, die Übernahme und Abnahme, die Mängelfeststellung und -bearbeitung sowie die Dokumentation in den Phasen der Ausführungsvorbereitung, der Ausführung und des Projektabschlusses.
Dabei ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung die ÖBA durch ihre Tätigkeit im Bereich der Qualitätskontrolle allein den Bauherrn vor (Ausführungs-)Fehlern schützen soll, die in den Verantwortungsbereich der einzelnen bauausführenden Unternehmer fallen. Die Überwachung der Bauausführung erfolgt daher ausschließlich im Interesse des Bauherrn und nicht in jenem der ausführenden Unternehmen.
Besondere Bedeutung kommt in der Praxis der durch die ÖBA vorzunehmenden Prüfung der von den ausführenden Unternehmen gelegten Rechnungen zu. Auch der Oberste Gerichtshof ordnet die Rechnungsprüfung und die Kontrolle der für die Abrechnung erforderlichen Unterlagen dem Aufgabenbereich der ÖBA zu.
Da die Freigabe einer Rechnung durch die ÖBA die Zahlung des – vermeintlich – geprüften und freigegebenen Rechnungsbetrages durch den Bauherrn zur Folge hat, belastet diese unmittelbar dessen Geldbeutel.
Insbesondere, wenn sich nun Fehler einer Rechnung nach deren vermeintlicher Prüfung durch die ÖBA offenbaren, welche bereits zu einer Überzahlung durch den Bauherrn geführt haben, stellt sich die Frage, ob und in welchem Ausmaß die ÖBA hierfür zur Verantwortung gezogen werden kann, da sie unter anderem ja gerade dazu beauftragt wurde, derartige Rechnungsfehler festzustellen und gegenüber dem Bauherrn lediglich berechtigte Beträge der bauausführenden Unternehmen zur Zahlung freizugeben.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass die ÖBA – ähnlich dem Verhältnis zwischen Bauherrn und ausführenden Unternehmen – bestimmte vertragliche Leistung schuldet. Um daher Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche gegenüber der ÖBA geltend machen zu können, muss folglich, neben der durch das ausführende Unternehmen mangelhaft bzw unrichtig gelegten Rechnung selbst, auch die Leistung der ÖBA – in diesem Fall die von ihr durchgeführte Rechnungsprüfung – mangelhaft, also nicht ordnungsgemäß erbracht worden sein.
Die HIA gibt im Hinblick auf den Umfang der von der ÖBA geschuldeten Rechnungsprüfung an, dass die Rechnungsprüfung durch die ÖBA bei allen Rechnungen vollumfänglich zu erfolgen hat. So ist durch die ÖBA eine Überprüfung der Rechnungen und deren mitunter angeschlossenen Aufgliederungen auf formale Richtigkeit, sowie – auf Basis der von der ÖBA bereits geprüften Aufmaßunterlagen – auch auf rechnerische Richtigkeit durchzuführen. Die Durchführung von Rechnungskorrekturen sind von der ÖBA ausschließlich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen vorzunehmen (zB vereinbarte Einheitspreise, Rechnungslegungszeitpunkte, etc). Weiters hat die ÖBA nach dem Leistungsbild der HIA bei der Erstellung von Zahlungsfreigaben unter Berücksichtigung der anerkannten Leistung vertragliche Einbehalte und Abzüge zu berücksichtigen sowie allfällige Einbehalte und Abzüge auf Grund von Qualitätsmängeln bzw Bauschäden vorzunehmen.
Auch der von der Bundesinnung Bau herausgegebene „Leitfaden zur Kostenschätzung von Planungs- und Projektmanagementleistungen“ sieht unter dem Punkt Rechnungsprüfung die Kontrolle der Aufmaßermittlung und -zusammenstellung der ausgeführten Bauleistungen, die formale Überprüfung der Rechnung sowie die Prüfung der Rechnung dem Grunde (Prüfung auf Übereinstimmung mit den vertraglichen Bestimmungen) und der Höhe (Prüfung auf Richtigkeit hinsichtlich des Umfanges) nach, sowie die Feststellung der anweisbaren Zahlungen vor.
Diese Leistungsbilder lassen erkennen, dass es sich auch bei der Rechnungsprüfung durch die ÖBA – anders als man vielleicht meinen könnte – um keinen „Schreibtischjob“ handelt, sondern vielmehr um eine Tätigkeit, die vielfältige Leistungen auf der Baustelle vor Ort erfordert. Zentraler Bestandteil der Rechnungsprüfung ist folglich – so nicht bloße Pauschalpreise vereinbart sind – etwa nämlich auch die Mengenermittlung, dh die Aufmaßfeststellung auf der Baustelle vor Ort bzw die eingehende Kontrolle der den Rechnungen angeschlossenen Aufmaßunterlagen (Planmaßen). Selbst dort, wo für bestimmte Leistungen Pauschalpreise vereinbart wurden, und es somit auf den konkreten Leistungsumfang (Aufmaß) nicht ankommt, muss sich die ÖBA vor Rechnungsfreigabe aber jedenfalls vergewissern, ob die verrechnete Leistung auch erbracht wurde, sohin auf der Baustelle tatsächlich vorhanden ist.
Kommt die ÖBA im Rahmen der Rechnungsprüfung den von ihr geschuldeten Leistungen nicht ordnungsgemäß nach (zB Freigabe unrichtiger Aufmaße und / oder Einheitspreise, Freigabe von Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen, Außerachtlassen von Prüf- und Zahlungspflichten, Vereitelung des Skontoabzugs durch überlange Dauer der Rechnungsprüfung, etc), so kann sie zur Verantwortung gezogen und gewährleistungs- bzw schadenersatzpflichtig werden. Besonders bedeutsam ist diese Konsequenz dort, wo der Bauherr von der ÖBA zu Unrecht zur Zahlung freigegebene Beträge bei den betreffenden Professionisten – zB infolge zwischenzeitiger Insolvenz – nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg zurückfordern kann.
Für die Praxis bedeutet das, dass die ÖBA selbst im Rahmen der Rechnungsprüfung kein „Bürojob“, sondern vielmehr eine Aufgabe ist, die – neben großer Sorgfalt – auch vielfältige Tätigkeiten vor Ort auf der Baustelle erfordert. Der Oberste Gerichtshof bestätigt dies mit seiner Ansicht, dass „alle jene Kontrolltätigkeiten, die sich unmittelbar auf den Baufortschritt beziehen und nur im Zusammenhang mit Wahrnehmungen auf der Baustelle selbst sinnvoll ausgeübt werden können“ der ÖBA obliegen.
Für den Bauherren empfiehlt sich hingegen, dass er die ÖBA als seine Interessenvertretung vor Ort, mit Bedacht wählen sollte, um so insbesondere den oft kostspieligen Folgen einer fehlerhafte Rechnungsprüfung a priori zu entgehen.