Seit 07.05.2012 ist ein neues Grundbuch im Einsatz. Am 27.04.2012 wurde das alte Grundbuch eingefroren und umgeschrieben. Der „Big Bang“ zum Grundbuch Neu fand am 07.05.2012 statt und erfolgte ohne nennenswerte Probleme. Änderungen und Neuerungen werden im Folgenden kurz zusammengefasst.
Grundbuch – Allgemeines
Das Grundbuch ist ein von den Bezirksgerichten geführtes öffentliches Verzeichnis, in das Grundstücke und die an ihnen bestehenden dinglichen Rechte (Eigentum, Wohnungseigentum, Pfandrecht, Baurecht, Dienstbarkeiten und Reallasten) eingetragen werden. Durch Anmerkungen und Ersichtlichmachungen wird auf bestimmte rechtlich erhebliche Tatsachen hingewiesen. Die Bedeutung des Grundbuchs liegt darin, dass die dinglichen Rechte nur durch Eintragung in das Grundbuch erworben werden können und dass jedermann grundsätzlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs vertrauen kann.
Das Grundbuch besteht – wie auch bisher – aus
- Hauptbuch,
- Löschungsverzeichnis (reicht, je nach Grundbuchsgericht, zurück bis 1980-1992),
- Urkundensammlung (diese ist seit 2006 elektronisch verfügbar),
- Hilfsverzeichnisse (Grundstücks-, Anschriften- und Personenverzeichnis),
Gesetzliche Grundlagen für das Grundbuch Neu
Bereits die Grundbuchsnovelle 2008 enthält Änderungen, die jedoch erst mit der nun durchgeführten Umschreibung des Grundbuches in Kraft getreten sind. Die Grundbuchsnovelle 2012 hat weitere Änderungen im Allgemeinen Grundbuchsgesetz, Grundbuchumstellungsgesetz, Liegenschaftsteilungsgesetz, Baurechtsgesetz, Urkundenhinterlegungsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz und Vermessungsgesetz gebracht. Die Datenumschreibung wurde in der Migrationsverordnung 2012 verfügt. Hinter der nach außen kaum auffallenden Veränderung des Grundbuches stehen umfassende gesetzliche Neuregelungen.
Motivation für Grundbuch Neu
Die alte Grundstücksdatenbank war 32 Jahre in Betrieb, ohne dass wesentliche technologische Erneuerungen durchgeführt wurden. Die veralteten Programme brachten ein erhebliches Betriebsrisiko mit sich. Die vollständige Erneuerung der Grundstücksdatenbank bringt die notwendige technologische Erneuerung, verfolgt eine Verfahrensautomation, stellt auf die elektronische Urkundensammlung ab und soll den Anwendern Vereinfachungen bieten.
Mögliche Fehler aufgrund der Umschreibung des Grundbuches
Bei der Umschreibung der alten Grundbuchsdatenbank in die neue gibt es nach Aussage der Verantwortlichen eine Fehlerquote von unter 0,1%. Ein einziger Fall ist bekannt, der rechtlich erheblich war. Zeilen im C-Blatt (Belastungsblatt) sind bei der Datenumstellung herausgefallen, eine dingliche Last war nicht mehr sichtbar.
Wenn bei der Datenumschreibung Fehler passiert sind, können diese korrigiert werden. Eine Berichtigung ist innerhalb von sechs Monaten nach der Umschreibung (somit bis 07.11.2012) möglich; dies selbst dann, wenn durch die Berichtigung bücherliche Rechte dritter Personen berührt werden. Hier wird der Gutglaubensschutz für diesen Zeitraum ausgesetzt. Innerhalb dieser 6-Monats-Frist erhält man bei Abfrage des Grundbuches zu dem kostenpflichtigen neuen Grundbuchstand auf Antrag kostenlos auch den alten. Dies ermöglicht die Überprüfung von allfälligen Umschreibungsfehlern.
Änderungen durch das Grundbuch neu
Demjenigen, der einen Grundbuchsauszug liest, werden Änderungen kaum auffallen. Was ist neu?
- Das äußere Erscheinungsbild eines Grundbuchsauszuges hat sich kaum verändert. Die Schrift ist etwas größer geworden. Titel werden als Teil des Vornamens vorgestellt, die Verwendung diakritischer Zeichen (zB č) ist nun möglich.
- Es erfolgte eine Trennung der Datenbanken von Kataster und Grundbuch. Pläne befinden sich in der Datenbank des Vermessungsamtes, Grundbuchsanträge, Beschlüsse etc in der Datenbank der Justiz.
- Die bisher unechten Einlagen für nicht verbüchertes Öffentliches Gut und des Eisenbahnbuches wurden eingebunden. Es gibt ein einheitliches Grundbuch für alle Grundstücke.
- Alle Grundbuchsgerichte können Eintragungen in allen Grundbuchskörpern vornehmen, dh ein Grundbuchsführer in einem Bezirksgericht kann Eintragungen in einer Einlage eines anderen Gerichtes vornehmen.
- Zustellungen erfolgen über das Bundesrechenzentrum (elektronischer Rückverkehr oder Abfertigung über die Poststraße).
- Neue Eintragungsmöglichkeit der „Liegenschaftsgruppe“: Eigentümer/Miteigentümer haben die Möglichkeit, eine Liegenschaftsgruppe zu bilden. Dies erfolgt durch Antragstellung bei einem der Grundbuchsgerichte, in deren Sprengel die Liegenschaften liegen. Eine Liegenschaftsgruppe ist hilfreich, wenn sich Anlagen über viele Grundbuchseinlagen erstrecken, zB Bahnstrecken.
- Bei Simultanpfandrechten entfällt die Bezeichnung einer Einlage als Haupteinlage und der übrigen Einlagen als Nebeneinlagen. In allen Einlagen wird der Hinweis auf die Simultanhaftung mit den jeweils anderen Einlagen angemerkt.
- Ein Teilungsplan kann nur mehr zur Gänze durchgeführt werden. Teildurchführungen sind nicht mehr möglich.
- Rechtsvertreter, dem die Antragstellung im elektronischen Weg obliegt, müssen den elektronischen Rechtsweg verwenden. Bei Papieranträgen erhalten sie einen Verbesserungsauftrag (Rechtsmittel dürfen im Grundbuchsverfahren auch weiterhin nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden). Bei Ausnützung einer Rangordnung ist das Gesuch im elektronischen Rechtsverkehr zu stellen und der Rangordnungsbeschluss im Papieroriginal binnen einer Woche nachzureichen.
- Rangordnung für die beabsichtige Veräußerung oder Verpfändung: Das Einverständnis des Eigentümers zur Anmerkung kann auch in einer besonderen Urkunde erklärt werden (Rangordnungserklärung). Die Unterschrift auf der Rangordnungserklärung muss gerichtlich oder notariell beglaubigt sein. Das Gesuch selbst bedarf keiner beglaubigten Unterschrift.
- Gänzlich neu ist die Anmerkung der Rangordnung zugunsten einer bestimmten Person. Diese kann mit Einverständnis des Eigentümers auch von der begünstigten Person beantragt werden. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Ausstellung der Rangordnungserklärung zu stellen. Diese Rangordnung kann auf eine andere Person übertragen werden. Sie kann auch zugunsten eines Rechtsanwaltes oder Notars ausgestellt werden, wobei in diesem Fall die Ausnutzung der Rangordnung zugunsten einer von ihm vertretenen Person beantragt werden kann.
- Enthält ein Grundbuchsgesuch Formgebrechen, so ist der Auftrag zur Beseitigung schriftlich
zu erteilen. Will der Antragsteller dem gerichtlichen Auftrag nicht entsprechen, so muss er innerhalb der zur Verbesserung gesetzten Frist ausdrücklich erklären, dass er eine Entscheidung in der Sache über seinen Antrag begehrt. Unterbleibt diese Erklärung, so gilt der Antrag als zurückgenommen. - Ab 01.11.2012 gibt es wieder den Protokollarantrag: In einfachen Fällen können Grundbuchsgesuche beim Grundbuchsgericht zu Protokoll erklärt werden.
- Änderungen im Grundbuch sind erst nach Tageswechsel sichtbar. Während man vor der Umstellung einem Grundbuchsführer elektronisch quasi beim Arbeiten zusehen konnte, ist dies nicht mehr möglich. Die vom Grundbuchsführer durchgeführten Eintragungen sind erst am nächsten Tag im Grundbuchsauszug sichtbar.
- Pfandrechte im Wert bis zu EUR 1.000,– wurden im Zuge der Umstellung von amts wegen als gegenstandslos gelöscht, sofern sie vor mehr als 40 Jahren eingetragen wurden.
- Gebühren:Die bisherige Gebühr auf Zeilenbasis wurde durch eine Pauschalgebühr pro Abfrage ersetzt. Eine Grundbuchsabschrift einer ganzen EZ kostet EUR 3,20.
Unterschiedliche Pauschalabfragegebühren bestehen für Teilauszüge, Abfragen von Plomben, Urkunden, historische Einlagezahlen.
Weitere Änderungen sind geplant
Das Grundbuch Neu ist damit nicht „fertig“. Weitere Änderungen sind geplant und für Mitte 2013 in Aussicht gestellt:
- Das vom Vermessungsamt geführte Kataster und das von der Justiz geführte Grundbuch sollen weiter vernetzt werden, damit eine automatische Abarbeitung von katastralen Änderungen im Grundbuch und umgekehrt möglich ist.
- Die Übereinstimmung zwischen Grundbuch und Kataster soll gewährleistet sein, Erledigungen beim Vermessungsamt beschleunigt werden.
- Es soll Zusatzfunktionen wie die Verlinkung der Urkunden mit dem Auszug geben, sodass sich eine Urkunde bei Anklicken im Grundbuchsauszug öffnet.
- Es wird die Möglichkeit geben, einen stichtagbezogenen Grundbuchsauszug zu erhalten.
Praxishinweise
Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollten Liegenschaftseigentümer und dinglich Berechtigte den Grundbuchstand ihrer Liegenschaften überprüfen (lassen). Dies erfolgt durch Einholen eines aktuellen Grundbuchsauszuges und Vergleich mit dem alten. Bis 07.11.2012 erhält man beim Einholen eines neuen aktuellen Grundbuchsauszuges auf Antrag kostenfrei den alten Grundbuchstand vor Umstellung.
Trotz der Änderungen bei der Veräußerungsrangordnung kann diese immer noch wie bisher mit einem Gesuch in Papierform eingeholt werden. Nur das „private“ Gesuch darf weiterhin in Papierform erfolgen. Einem Rechtsvertreter, der zum elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet ist, steht diese Möglichkeit nicht offen. In der Praxis wird der Rechtsvertreter das Rangordnungsgesuch vorbereiten, dabei kein Kanzleipapier verwenden und die Zustellung der Rangordnung an ihn vorsehen.