Novelle 2014 der Niederösterreichischen Bauordnung

Mit 1.2.2015 trat die Novelle der NÖ Bauordnung (NÖ LGBl Nr. 1/2015), der Bautechnikverordnung (NÖ LGBl Nr. 4/2015) und des Raumordnungsgesetzes (NÖ LGBl Nr. 3/2015) in Kraft. Gleichzeitig wurden das NÖ Spielplatzgesetz 2002 (LGBl Nr. 2/2015) und die NÖ Gebäudeenergieeffizienzverordnung 2008 (LGBl Nr. 5/2015) aufgehoben.

© Martin Koczy

Durch diese Neugestaltung des NÖ Baurechts wurde eine klare Trennung in rechtliche Bestimmungen in der Bauordnung und in bautechnische Bestimmungen in der Bautechnikverordnung erwirkt.

Die Wichtigsten Punkte der Novelle sollen hier kurz skizziert werden.

Neue Verfahrensbestimmungen

Die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht NÖ im Baubewilligungsverfahren hat KEINE aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs 3 NÖ BauO). Damit kann der Bauwerber (auf eigenes Risiko) auch bei Einbringung eines Rechtsmittels gegen die Baubewilligung z.B. durch einen Anrainer mit dem Bau beginnen.

Allerdings kann die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Baubehörde stellen. Die Baubehörde hat dann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen und die beschwerdeführende Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil aus der sofortigen Umsetzung der Baubewilligung erleiden würde.

Im baupolizeilichen Verfahren bei Baueinstellungen nach § 29 NÖ BauO haben Rechtsmittel ebenfalls KEINE aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs 4 NÖ BauO). Die Baueinstellung gilt sofort.

Im Rahmen der Parteistellung von Nachbarn wird klargestellt, dass diese nur Einwendungen wegen der Beeinträchtigung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte durch das fertiggestellte Bauwerk erheben können und nicht wegen der Bauführung (§ 6 Abs 1 NÖ BauO).

In Bauverfahren aufgrund der am 27.1.2015 beschlossenen jüngsten Fassung der NÖ Bau-Übertragungsverordnung (LGBl Nr. 18/2015; Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft für Baugenehmigungen von gewerblichen Betriebsanlagen) hat die Gemeinde hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplans und des Ortsbildes Parteistellung (§ 6 Abs 4 NÖ BauO). Sie kann auch Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht NÖ erheben.

Es wird auch klargestellt, dass ein Nachbar, der aus welchen Gründen auch immer nicht am Baubewilligungsverfahren beteiligt war, nach einem Jahr nach Beginn der Bauführung seine Parteistellung jedenfalls verliert. Damit soll verhindert werden, dass aufgrund formaler Probleme, etwa bei der Zustellung von Bescheiden, Rechtsmittel gegen (fertiggestellte) Bauvorhaben eingebracht werden (§ 6 Abs 7 NÖ BauO).

Bei Grundabtretungen für öffentliche Verkehrsflächen wird nur mehr dann ein Bescheid von der Baubehörde erlassen, wenn keine Vereinbarung zwischen dem betroffenen Grundeigentümer und der Gemeinde zustande kommt (§ 12 NÖ BauO). Dies gilt unabhängig davon, ob der Grundeigentümer eine Entschädigung für die Grundabtretung erhält oder nicht.

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

Eigenständige Bauwerke mit einer überbauten Fläche von bis zu 10m² und einer Höhe von bis zu 3m im Bauland (§ 15 Abs 1 Z 1 NÖ BauO).

[Bisher Gerätehütten und Gewächshäuser mit bis zu 6m² und Höhe von bis zu 2m].

Errichtung von Carports mit bis zu 50m² überbaute Fläche, wenn Zustimmung der betroffenen Nachbarn nachweislich vorliegt (§ 15 Abs 1 Z 19 NÖ BauO).

Maßnahmen zur kontrollierten Wohnraumlüftung in Wohngebäuden mit mehr als 2 Wohneinheiten (§ 15 Abs 1 Z 22 NÖ BauO).

Meldepflichtige Bauvorhaben

Folgende Bauvorhaben sind gemäß § 16 NÖ BauO der Behörde binnen 4 Wochen ab Fertigstellung schriftlich zu melden:

  • Klimaanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 12 kW. Sind die Standsicherheit von tragenden Gebäudeteilen, der Brandschutz oder subjektiv-öffentliche Nachbarrechte betroffen, ist die Klimaanlage anzeigepflichtig nach § 15 Abs 1 Z 5 NÖ BauO.
  • Aufstellen von Gas-Heizkesseln mit einer Nennwärmeleistung von nicht mehr als 50kW.
  • Aufstellen von Öfen.
  • AUSNAHME für Wohngebäude mit nicht mehr als 2 Wohneinheiten und Reihenhäuser. Der Meldung an die Baubehörde ist der Kaminbefund anzuschließen.
  • Abbruch von Bauwerken
  • AUSNAHME: Abbruch von Bauwerken, die an Nachbargebäude angebaut sind, sind bewilligungspflichtig nach § 14 Z 8 NÖ BauO und Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen ist anzeigepflichtig nach § 15 Abs 1 Z 6 NÖ BauO.

Freie Bauvorhaben

Schwimmteiche, Naturpools und Gartenteiche mit einer Wasserfläche von nicht mehr als 200 m², sonstige Wasserbecken und -behältern mit nicht mehr als 50 m³, Schwimmbeckenabdeckungen mit einer Höhe von nicht mehr als 1,5 m und Brunnen (§ 17 Z 2 NÖ BauO),

[Bisher Wasserbecken mit bis zu 50m³].

Gerätehütte und Gewächshaus mit nicht mehr als 10m² überbaute Fläche und einer Höhe von nicht mehr als 3m bei Wohngebäuden mit nicht mehr als 4 Wohneinheiten und bei Reihenhäuser pro Wohnung im Bauland außerhalb des Bauwichs. AUSNAHME in Bauland-Sondergebiet und in Schutzzonen.

Bewilligungsverfahren

Der Bauwerber kann gemäß § 18 Abs 3 NÖ BauO freiwillig dem Ansuchen auf Baubewilligung eine Bestätigung eines Prüfingenieurs beilegen, in welcher bestätigt wird, dass das Bauvorhaben den bautechnischen Vorschriften entspricht. Bei Vorliegen einer solchen Bestätigung kann die Baubehörde auf Einholung von Gutachten zur Überprüfung der Einhaltung der bautechnischen Vorschriften verzichten. Dadurch soll das Bauvorhaben beschleunigt werden.

Bei Neu- und Zubauten sind gemäß § 18 Abs 4 NÖ BauO bestimmte Gebäudedaten nach § 4 Abs 1 Z 2 und 4 des Bundesgesetzes über das Gebäude- und Wohnungsregister vom Planverfasser an die Baubehörde in elektronischer Form zu übermitteln. Es sind Daten über das Gebäude (u.a. Fläche, Gebäudekategorie, Geschoßanzahl, Art der Ver- und Entsorgungsleitungen, Art der Beheizung,…), Daten über die Wohnungen (u.a. Nutzfläche, Zahl und Ausstattung der Wohnräume, Art der Beheizung, Nutzungsart, Raumhöhe,..), Daten des Bauvorhabens (u.a. Adresse, Datum Baubewilligung, Fertigstellungsdatum, Bauherr, …) und Daten der sonstigen Nutzungseinheiten im Haus (u.a. Nutzfläche, Ausstattung, Nutzungsart, Raumhöhe,…) bekannt zu geben.

Ist kein Bauführer bestellt oder endete seine Funktion vorzeitig, hat der Bauherr für die Fertigstellungsanzeige eine Überprüfung des Bauwerkes auf die bewilligungsgemäße Ausführung auf seine Kosten durchführen lassen (§ 30 Abs 3 NÖ BauO).

Fahrradabstellplätze

Bei Neu- und Zubauten sind künftig gemäß § 65 NÖ BauO verpflichtend Fahrradabstellplätze zu schaffen. Die Richtzahl der Stellplätze wird in § 14 NÖ BTV mit 1 Stellplatz pro Wohnung bei Wohngebäuden mit mindestens 4 Wohneinheiten angegeben. In Betriebsgebäuden ist 1 Stellplatz je 20 Arbeitsplätze, bei Sportanlagen 1 Stellplatz je 25 Besucher, bei Gaststätten 1 Stellplatz für je 20 Sitzplätze und in Geschäftsgebäuden 1 Stellplatz je 50m² Verkaufsfläche herzustellen. Der Stellplatz muß mindestens 2m lang und 0,7m breit sein.

Ist die Herstellung der Stellplätze nicht möglich, ist gemäß § 41 NÖ BauO eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.

Spielplätze

Beim Neubau von Wohnanlagen mit mindestens 4 Wohnungen ist nach § 66 NÖ BauO ein nicht-öffentlicher Spielplatz mit mindestens 150m² zu errichten.

Ist die Errichtung des Spielplatzes nicht möglich, ist gemäß § 42 NÖ BauO eine Spielplatz-Ausgleichsabgabe zu entrichten.

Barrierefreiheit

Die Grundsatzbestimmungen über die Barrierefreiheit von Gebäuden wurden nun von der NÖ BTV in § 46 NÖ BauO übernommen.

Notkamine

Bei Ein-, Zwei- und Reihenhäuser gibt es keine Verpflichtung mehr zur Errichtung von Notkaminen für Abgasanlagen.

Bei Wohngebäuden mit nicht mehr als 12 Wohnungen kann nach § 57 Abs 2 NÖ BauO von einem Anschluß an einen Notkamin abgesehen werden, wenn räumlich und baulich für eine nachträgliche Errichtung eines Rauchfangs vorgesorgt wird.

Bei größeren Gebäuden muß zumindest 1 Aufenthaltsraum pro Wohnung an eine Abgasanlage (eventuell für Mehrfachbelegung) angeschlossen sein.

Zum Vergleich: In Wien wurde mit der jüngsten Novelle (LGBL Nr. 25/2014), welche am 15.10.2014 in Kraft trat der entsprechende § 106 Abs 2 Wr. BauO aufgehoben und Notkamine gänzlich abgeschafft.

Übernahme aller OIB-Richtlinien

Mit dieser Novelle wurden endlich die seit 2007 bestehenden OIB-Richtlinien (Richtlinien des österreichischen Instituts für Bautechnik) in Niederösterreich in Kraft gesetzt, um an der österreichweiten Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften mitzuwirken.

Da es sich dabei um bautechnische Vorschriften handelt, wurden sie in die neue BTV übernommen.

Sabine Mantler
Rechtsanwaltskanzlei Sabine Mantler