Die Verjährung von Werklohnforderungen ist ein in der Praxis omnipräsentes Thema. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die unterschiedlichen Eigenschaften der Verjährung in Hinblick auf den Zeitpunkt des Beginns der Verjährungsfrist sowie allfällige unterschiedliche Verjährungsfristen geben. Hauptaugenmerk dieses Beitrages liegt in der Verjährung von Werklohnforderungen mit Blick auf Zusatzleistungen sowie der Sonderregelung zur Verjährung von Werklohnforderungen in der ÖNORM B 2110.
Zur Verjährung von Werklohnforderungen
Gemäß § 1486 Z 1 ABGB verjähren Werklohnforderungen innerhalb von drei Jahren. Grundsätzlich kann die Verjährungsfrist einer Werklohnforderung erst mit deren Fälligkeit zu laufen beginnen. § 1170 ABGB bestimmt, dass das Entgelt in der Regel nach vollendetem Werk zu entrichten ist. Hier muss jedoch differenziert werden, ob es sich um einen Pauschalpreisvertrag oder allenfalls um einen Einheitspreisvertrag handelt. Wurde ein Pauschalpreis vereinbart, ist das Entgelt im Vorhinein fix vereinbart worden und bedarf für die tatsächliche Bestimmung des Entgelts keiner Rechnungslegung, weshalb die Verjährung schon mit Vollendung des Werkes zu laufen beginnt. Wurde jedoch kein Pauschalpreis vereinbart, wie bei einem Einheitspreisvertrag, wird der Werklohn erst mit Zugang der entsprechenden Rechnung fällig. Dementsprechend kann die Verjährung grundsätzlich auch erst mit Zugang der Rechnung zu laufen beginnen. Damit der Verjährungsbeginn durch verspätete Rechnungslegung aber nicht willkürlich hinausgeschoben werden kann, beginnt nach ständiger Rechtsprechung die Verjährung einer Werklohnforderung im geschäftlichen Betrieb, sofern keine anderen Vereinbarungen vorliegen, grundsätzlich schon in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Rechnungslegung unter Einhaltung einer für die Rechnungslegung angemessenen Frist objektiv möglich ist. Für die Feststellung einer solchen angemessenen Frist kommt es auf die Verkehrsübung an. Diese Ausführungen beziehen sich grundsätzlich auf die Hauptleistung eines Werkvertrages. Da der AN im Zuge seiner Leistungserbringung in zahlreichen BVH jedoch Zusatzleistungen erbringt, ist die Frage des Zeitpunkts des Beginns der Verjährungsfrist dieser Leistungen oft schwer zu lösen.
Zur Verjährung von angehängten Regieleistungen
Im Sinne der ÖNORM B 2110 Punkt 3.12.1 handelt es sich bei angehängten Regieleistungen um Leistungen, die im Rahmen eines mit Einheits- oder Pauschalpreisen abgeschlossenen Bauvertrages anfallen und daher nicht gesondert vergeben werden. Es handelt sich dabei um einen Optionsvertrag. Dem AG wird ein Optionsrecht auf Abruf bestimmter festgelegter Gattungen von Regieleistungen zu den dort fixierten Preisen eingeräumt. Mit dem Abruf durch den AG kommt jeweils ein Leistungsvertrag mit dem AN zustande, der nach dem tatsächlichen Aufwand der vereinbarten Regiepreise abgerechnet wird. Dies bedeutet, dass jede Regieleistung durch einseitige Erklärung des AG angeordnet werden muss. Im Unterschied dazu handelt es sich bei selbstständigen Regieleistungen im Sinne der ÖNORM B 2110 Punkt 3.12.2 um Leistungen, die nicht im Rahmen eines mit Einheits- oder Pauschalpreis abgeschlossenen Bauvertrages anfallen und daher gesondert vergeben werden.
Mit dem Thema der Verjährung von Zusatzleistungen im Rahmen eines Werkvertrages setzte sich der OGH ua in der Entscheidung 10 Ob 12/14h auseinander. In diesem Fall wurde der AN mit der gesamten Planung und der ÖBA beauftragt. Der AN legte während seiner Tätigkeiten vertragsgemäß Teilrechnungen nach Baufortschritt. Während der Bauphase wurden von ihm notwendige Zusatzleistungen erbracht. Der AN legte in der Folge für diese Zusatzleistungen eine Teilrechnung mit einer Pauschale „laut Vereinbarung“. Danach hatte der AN im Rahmen der ÖBA noch Rechnungen anderer Professionisten zu prüfen und kontrollierte Mängelbehebungsarbeiten. Ungefähr drei Jahre später legte der AN schließlich eine Schlussrechnung für seine gesamten Leistungen einschließlich der Zusatzleistungen und berücksichtigte die bei ihm eingegangenen Zahlungen. In weiterer Folge brachte er die Klage ein und beanspruchte die Zahlung des offenen Honorars. Der AG wandte dagegen mitunter ein, dass die Forderungen der Zusatzleistungen bereits drei Jahre zuvor in Rechnung gestellt wurden und dementsprechend zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits verjährt seien. Der OGH stellte in der Folge fest, dass die erbrachten Zusatzleistungen sehr eng mit der im Werkvertrag beauftragten einheitlichen Gesamtleistung verknüpft waren und daher keinen selbständigen wirtschaftlichen Wert für den AG darstellen. Angesichts dieser besonders engen Nahebeziehung zwischen dem ursprünglich vereinbarten Werk und diesen später beauftragten Zusatzleistungen kann nach dem Parteiwillen und der Übung des redlichen Verkehrs nicht vom Vorliegen selbstständiger Teilleistungen, die einer gesonderten Verjährungsfrist unterliegen, ausgegangen werden. Die Forderungen der Zusatzleistungen waren dementsprechend noch nicht verjährt, sondern die Verjährungsfrist hat erst mit der Fälligkeit der Schlussrechnung zu laufen begonnen. Insofern ist festzuhalten, dass Zusatzleistungen, die in einer besonderen Nahebeziehung mit der Hauptleistung stehen und die vom AG ihm Rahmen seines Leistungsänderungsrechtes beauftragt werden, keiner eigenen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen, sondern die Verjährung für diese Zusatzleistungen erst zum Zeitpunkt des Beginns der Verjährung der Hauptleistung zu laufen beginnt.
Punkt 8.4.2 ÖNORM B 2110
Die bereits ausgeführten Bestimmungen der dreijährigen Verjährungsfrist von Werklohnforderungen kommen jedoch nur zur Anwendung, wenn es sich um einen Werkvertrag basierend auf dem ABGB handelt. Wurde im Vertrag die ÖNORM B 2110 vereinbart, was bei Bauverträgen gängige Praxis ist, kommt hinsichtlich der Verjährung von Werklohnforderung die Sonderbestimmung des Punktes 8.4.2 der ÖNORM B 2110 zur Anwendung. Diese bestimmt, dass die Annahme der Schlusszahlung auf Grund einer Schluss- oder Teilschlussrechnung nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen ausschließt, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist oder binnen drei Monaten nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen. Die Regelung erfasst zum einen den Fall, dass der AN bewusst oder unbewusst nicht alle Forderungen in der Schlussrechnung geltend macht, wobei er hierbei einen Vorbehalt in der Schlussrechnung setzen muss. Zudem wurde vom OGH auch der Fall erfasst, in dem der AG Abzüge vom Schlussrechnungsbetrag vornimmt und eine unvollständige Zahlung leistet. Der AN kann die strittige Forderung nicht mehr einklagen, wenn er es unterlässt, einen Vorbehalt gegen diese Rechnungskorrektur zu erklären. Die sachliche Rechtfertigung für diese für den AN nachteilige Sonderregelung liegt im Zweck der Bestimmung, die Rechtslage bei Bauprojekten mit zumeist hohen Auftragssummen möglichst innerhalb kurzer Zeit zu klären.
Der AG soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt das gesamte Ausmaß seiner Verpflichtungen überschauen und erfahren können. Die in der ÖNORM B 2110 festgesetzte Dreimonatsfrist beginnt nach der ständigen Rechtsprechung mit der Annahme der Schlussrechnungszahlung. Der OGH begründet diesen Zeitpunkt damit, dass sowohl in der Überschrift als auch im Text der einschlägigen Bestimmung der ÖNORM B 2110 ausdrücklich auf die „Annahme der Zahlung“ abgestellt wird und nicht auf die Kürzung der Rechnung schlechthin. Es ist sohin zu betonen, dass es jedenfalls auf eine tatsächliche Zahlung ankommt. Falls der AG eine allfällige ihm gegen den AN zustehende Forderung mit der Schlussrechnungsforderung aufrechnet und in der Folge keine Schlusszahlung leistet, muss der AN auch keinen begründeten schriftlichen Vorbehalt dagegen erheben. Es kommt in diesem Fall nicht zu einem die Dreimonatsfrist auslösenden Ereignis.
Fazit
Abschließend ist festzuhalten, dass stets genau analysiert werden muss, um welche Leistung und folglich um welche Forderung es sich tatsächlich handelt, um deren Verjährungsbeginn bzw. Verjährungsfrist zu bestimmen. So würde die irrtümliche Annahme einer selbständigen Regieleistung als angehängte Regieleistung dazu führen, dass die daraus entspringende Werklohnforderung zum Zeitpunkt der Schlussrechnungslegung möglicherweise bereits verjährt ist. Zudem muss stets überprüft werden, ob die ÖNORM B 2110 vereinbart wurde.
Falls diese vereinbart ist, muss die Schlussrechnungszahlung jedenfalls innerhalb von drei Monaten beeinsprucht werden, falls die Zahlung vom Schlussrechnungsbetrag abweicht. Andernfalls kann der AN seine möglicherweise zu Unrecht gekürzten Forderungen nicht mehr geltend machen. Anhand dieses Überblicks ist ersichtlich, dass die Verjährung von Forderungen nicht immer leicht bestimmbar ist. Insbesondere der Zeitpunkt des Beginns der Verjährungsfrist divergiert stark ob der Qualifikation der Leistung.